Sachverhalt:
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit dem als Anlage beigefügten
Schreiben vom 10.10.2019 unter dem vorstehenden Titel folgenden Antrag zur
Beratung und Entscheidung im Kreistag gestellt:
„Der Kreistag beauftragt die Verwaltung,
Möglichkeiten für Klimaschutzvorgaben in der Bauleitplanung zu recherchieren
und Musterklauseln für Flächennutzungspläne und Bebauungspläne mit Klimaschutz
Vorgaben vorzubereiten, um kreisangehörigen Kommunen die rechtssichere
Einflussnahme auf Klimaschutzmaßnahmen in der Bauleitplanung zu erleichtern.“
Aus Sicht der Bauverwaltung ist dazu
wie folgt Stellung zu nehmen:
In Wissenschaft und Praxis herrscht seit
langem Einigkeit darüber, dass das Rechtsinstrument der Bauleitplanung für die
Umsetzung einer klimagerechten Orts- und Stadtentwicklung von großer Bedeutung
ist.
Dementsprechend wurde im Laufe der letzten
Jahre das entsprechende Instrumentarium im Baugesetzbuch BauGB (§§ 1-9 BauGB)
und in der BauNVO stetig erweitert und nachgeschärft. Der Baukasten für eine
klimagerechte Bauleitplanung ist also inzwischen gut gefüllt und wird auch
zunehmend wahrgenommen. Unzweifelhaft kann und muss hier aber noch mehr getan
werden.
Wenn nun beantragt wird, dass von Seiten des
Landkreises ein konkreter, d. h. festsetzungsbezogener Handlungsleitfaden für
die rechtssichere Formulierung klimagerechter Bebauungspläne (denn nur auf
diese zielen die Beispiele ab, im FNP sind sie so nicht zu fassen) erstellt
werden soll, da dies für kleine Bauverwaltungen nicht leistbar sei, ist auf
Folgendes hinzuweisen:
1.
Grundsätzlich:
Der beste klimaschutzgerecht formulierte Bebauungsplan ist nur so gut wie die
dahinter stehende Klimaschutz-Entwicklungsstrategie einer Kommune. Dies
bedeutet, dass ohne entsprechende politische Arbeit und politische
Entscheidungen, die sich in informellen Prozessen entwickeln und dann in den
Instrumenten der Raum- und Stadtplanung verdichtet werden, ein solcher
Bebauungsplan nicht zustande kommen wird.
Insoweit ist grundsätzlich
festzuhalten, dass die strategisch wichtigsten klimaschutzrelevanten
Entscheidungen bereits auf der Ebene der Flächennutzungsplanung fallen, wenn es
um Flächenausweisungen, Flächenschonung, Nutzungsarten usw. geht.
2.
Tatsächlich
finden sich für die klimagerechte verbindliche Bauleitplanung zahlreiche
Beispiele, in denen Kommunen Vorgaben in der Bauleitplanung nutzen, um den
Klimaschutz voranzubringen.
Eine beachtliche Zahl entsprechender
Ausarbeitungen, die das Thema in seiner ganzen Bandbreite, also von
grundsätzlicher Darstellung bis hin zu Präsentationen mit ganz konkreten
Beispielen behandeln – sind dem nachfolgenden Screenshot zu entnehmen:
Diese Werkzeuge sind durchaus für den
planenden Ingenieur/die Ingenieurin in der konkreten Arbeit unmittelbar
anwendbar.
3.
Wenn
nun die Notwendigkeit einer kreisseitigen Ausarbeitung eines Leitfadens für
unsere Gemeinden gesehen wird, mag man einige der vorstehenden Leitfäden im
Blick gehabt haben, die von einigen Kreisen genau zu diesem Zweck verfasst
wurden. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass diese Leitfäden für
Gemeindeverwaltungen gemacht wurden, die eigene Planungsabteilungen haben
(gelegentlich ist dies in den anderen Ländern auch bei den Kreisverwaltungen
der Fall, die als Planungsdienstleister kommunale Bauleitpläne erstellen).
4.
Beides
ist bei uns nicht der Fall. Bauleitplanungen werden in unserem Land bei
praktisch allen (Verbands-)Gemeinden grundsätzlich extern (nach HOAI) an freie
Büros vergeben. Eine Ausarbeitung des Kreises hätte dann die Konsequenz, dass
der Landkreis als operativer Dienstleister für private Ingenieurbüros auftreten
würde, um ihnen das konkrete Handwerkszeug zu vermitteln, das sie kraft ihrer
eigenen Qualifikation im Grunde selbst bereitstellen müssen.
5.
Das
Handwerkliche ist mittlerweile sowohl durch die Kommentierung wie durch die
genannten Leitfäden gut verfügbar. Hinweise auf rechtssichere Formulierungen
sind in der Regel darin enthalten.
Die konkrete Anwendung im Planwerk
wird dagegen in jedem Fall anders sein und bedarf der individuellen Prüfung und
Entscheidung, auch hinsichtlich des damit verbundenen Rechtsgehalts. Dies kann
und darf ein Landkreis gegenüber seinen Gemeinden ohnehin nicht leisten, weder
hinsichtlich der zu respektierenden gemeindlichen Planungshoheit wie auch dem
Aspekt, dass seitens des Kreises keine Rechtsberatung zulässig ist.
6.
Was
den methodischen Aspekt von „Musterklauseln“ angeht, ist aus der Praxis unserer
Bauaufsicht zu bedenken, dass wir häufig an Bebauungsplanfestsetzungen „hängen“
bleiben, die zwar für sich gesehen korrekt formuliert sein mögen, jedoch auch
aus Vorlagen übernommener Formulierungsbausteine im konkreten Fall nicht
passen, nicht anwendbar sind oder schlicht falsch sind. Schematische
Formulierungen führen nicht weiter, wenn sie nicht inhaltlich verstanden, und
für die konkrete Planungsaufgabe passgenau umgesetzt werden.
7.
Abschließend
soll zu der Einschätzung Stellung genommen werden, dass „(es) durch
Zusammentragen von bestehenden Beispielen und Nutzung der entsprechenden
Verbände und Institutionen (Gemeinde- und Städtebund, Energieagentur, etc.) […]
es möglich sein (sollte), die Ausarbeitung im Rahmen weniger Personenwochen mit
eigenem Personal zu decken.“
Für eine solche Zusammenstellung und
Ausarbeitung bedeutet die Einschätzung „im Rahmen weniger Personenwochen“ nach
meiner Erfahrung im Klartext, dass eine Fachkraft (Stadtplanerin/Stadtplaner)
sich ungeachtet der vorhandenen Fachkenntnis, aber mangels eigener operativer
oder wissenschaftlicher Tätigkeit in diesem Bereich zunächst einmal einarbeiten
müsste – mit Zusammentragen und -schreiben ist es allein nicht getan – und bis
zum fertigen Ergebnis nicht unter 6 Wochen voll beschäftigt wäre.
Die Bauverwaltung des Kreises kann
dies im laufenden Betrieb nicht leisten.
8.
Ein
pragmatischer Weg könnte sein, eine Materialienübersicht zum Thema
zusammenzustellen, auf die dann die Gemeinden und ihre Kommunalpolitiker
zugreifen können, um eine Vorstellung zu erhalten, was grundsätzlich
festsetzbar ist.
Dies kann aber nichts daran ändern,
dass primär die beauftragten Planungsfachleute in der Verantwortung sind,
sachgerecht nach heutigen Anforderungen des Klimaschutzes und der Planung zu
beraten und entsprechend qualifizierte Planungsleistungen zu erbringen.
Beschlussvorschlag:
Der Kreistag beauftragt die Bauabteilung der
Kreisverwaltung, eine Materialienübersicht zu möglichen Klimaschutzvorgaben in
der Bauleitplanung zusammenzustellen, auf die dann die Gemeinden und ihre
Kommunalpolitiker zugreifen können, um eine Vorstellung zu erhalten, was
grundsätzlich festsetzbar ist.