Betreff
Festsetzung des Kreisumlagesatzes für das Haushaltsjahr 2020
Vorlage
1632/2019
Aktenzeichen
1.3/lt/61103
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

I.                    Entwicklung des Kreisumlagesatzes in den letzten Jahren

 

In den Haushaltsjahren 2016 und 2017 wurde der Kreisumlagesatz von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier im Wege der Ersatzvornahme von 42,25% auf 44,23% bzw. 44,25% erhöht. Gegen die Verfügung der Ersatzvornahme im Jahr 2016 hat der Landkreis Kaiserslautern Widerspruch eingelegt und nach dessen Zurückweisung Klage beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (VG NW). Mit Urteil vom 27.06.2018 hat das VG NW die Klage abgewiesen. Mit Schreiben vom 29.11.2018 legte der Landkreis Kaiserslautern gegen das Urteil des VG NW Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz ein. Über die Berufung ist noch nicht entschieden.

Gegen die Ersatzvornahme 2017 hat der Landkreis Kaiserslautern ebenfalls Widerspruch eingelegt. Das Verfahren wurde in Absprache mit der ADD Trier ruhend gestellt.

 

Im Haushaltsjahr 2018 wurde der Kreisumlagesatz mit 42,25% eingeplant und von der ADD Trier aufgrund des zunächst planerisch erzielten Haushaltsausgleichs akzeptiert. Im Rahmen einer Nachtragshaushaltssatzung musste im Herbst 2018 allerdings ein Defizit im Ergebnishaushalt von 6,3 Mio. € ausgewiesen werden.

 

Im Haushaltsjahr 2019 wurde der Kreisumlagesatz abermals vom Kreistag auf 42,25% festgesetzt, der Ergebnishaushalt wies wie im Ursprungshaushalt des Vorjahres ein positives Jahresergebnis aus. Die Haushaltssatzung mit Haushaltsplan wurde allerdings von der ADD Trier beanstandet. Mit Ersatzvornahme vom 18.06.2019 hat die ADD Trier einen im Teilhaushalt 11 / Soziales im Bereich Asylbewerberleistungen eingestellten Ertragsansatz um 2 Mio. € reduziert und gleichzeitig die Kreisumlage um 1,62 v. H. angehoben und auf 43,87 v. H. festgesetzt. Dieser Umlagesatz war ausreichend, um ein positives planerisches Jahresergebnis im Ergebnishaushalt (7.180 €) zu erzielen. Der vom Landkreis Kaiserslautern eingelegte Widerspruch wurde entsprechend dem Verfahren 2017 vorerst ruhend gestellt.

 

 

II.                  Haushaltsplanung 2020

 

Die zwischenzeitlich weit vorangeschrittene Haushaltsplanung für das Jahr 2020 verzeichnet eine deutliche Verschlechterung der Finanzsituation des Landkreises Kaiserslautern.

 

Der Saldo der Erträge und Aufwendungen der sozialen Sicherung im Bereich Teilhaushalt 11 / Soziales verschlechtert sich um ca. 2,95 Mio. €. Die Verschlechterung im Teilhaushalt 12 / Jugend beträgt nach der Planung ca. 2,26 Mio. €.

 

Des Weiteren führt eine gegenüber 2019 um 0,492 Mio. € verminderte Landeszuweisung für die Schülerbeförderung bzw. Kindergartenfahrten und ein erforderlicher Mehraufwand von 0,250 Mio. € für die Umsetzung des Baustellenfahrplans im Buslinienverkehr zu einer Haushaltsverschlechterung im Bereich der Schülerbeförderung (Produkt 2410) und des ÖPNV (Produkt 5470) von insgesamt mindestens 0,742 Mio. €.

 

Ferner sind im Bereich des Bauunterhalts, sowohl bei den kreiseigenen Gebäuden (u.a. Brandschutz) als auch bei den Kreisstraßen Mehraufwendungen zu erwarten. Die Haushaltsansätze im Bereich Kreisstraßenunterhaltung waren bereits 2018 und 2019 nicht mehr auskömmlich und es mussten Deckenmaßnahmen zurückgestellt werden. Die unterbliebenen Straßenunterhaltungsmaßnahmen müssen zwangsläufig nachgeholt werden, so dass auch hier in Absprache mit dem Landesbetrieb Mobilität aus Verkehrssicherungsgründen eine Ansatzverstärkung um mindestens 200.000 € unumgänglich ist. Der Ansatz 2019 betrug 1.430.000 € und das Rechnungsergebnis 2018 bereits 1.450.731 €, ohne dass nennenswerte Deckenmaßnahmen vorgenommen wurden.

 

Ernüchternd ist darüber hinaus die Entwicklung der allgemeinen Deckungsmittel im Teilhaushalt 3 / Allgemeine Finanzwirtschaft und insbesondere im Produkt 6110 / Steuern, allgemeine Zuweisungen und allgemeine Umlagen. Die Schlüsselzuweisungen und sonstigen Zuweisungen des Landes vermindern sich um ca. 1,147 Mio. €, allen voran die Schlüsselzuweisung B2 mit -0,871 Mio. € (siehe hierzu insbesondere auch die Ausführungen unter III.).

 

Das Kreisumlageaufkommen steigt um ca. 0,706 Mio. € (bei einem zu Grunde gelegten Kreisumlagesatz von 42,25%). Letztlich belaufen sich die Erträge im Teilhaushalt 3 auf 94.403.553 €, gegenüber 94.844.877 € im Haushaltsplan 2019. Dies bedeutet im Saldo eine weitere Verschlechterung um -0,441 Mio. €.

 

Die Verschlechterungen in diesen (einen Kreishaushalt prägenden) Bereichen summieren sich auf ca. 6,5 Mio. €.

Die Steigerung des Personalaufwandes kann noch nicht abschließend beziffert werden, wird aber auch in Höhe von mindestens 1,5 Mio. € erwartet.

 

Nach dem jetzigen Stand der Haushaltsplanung ist bei einem Kreisumlagesatz von 42,25% mit einem negativen Jahresergebnis 2020 in Höhe von mindestens ca. 8 Mio. € zu rechnen.

 

 

III.                Entwicklungen aufgrund der LFAG-Änderung ab 01.01.2018

 

Durch die Novellierung des LFAG wurde die Schlüsselzuweisung C um die neue Teilmasse C3 ergänzt, die mit 60 Mio. € ausgestattet wurde. Die Schlüsselzuweisung C3 erhalten ab 2019 nur noch die kreisfreien Städte. Lediglich in 2018 konnte der Landkreis Kusel an dieser neuen Schlüsselzuweisung partizipieren.

 

Weiterhin wurde der Leistungsansatz für Zentrale Orte für die fünf Oberzentren des Landes von 1,1% auf 1,9% erhöht. Dieser Zugewinn bei den fünf Oberzentren geht zulasten der übrigen Empfänger der Schlüsselzuweisungen B2.

 

Der Schwellenwert für die Schlüsselzuweisung A wurde von 75% auf 78,5% angehoben. Dies führte zu einer Finanzstärkung steuerschwacher Kommunen, verminderte im Gegenzug allerdings die Schlüsselmasse B2. Diese Änderung geht ebenfalls vor allem zu Lasten der Landkreise und Verbandsgemeinden, die keine Schlüsselzuweisung A erhalten.

 

Die Schlüsselmasse B1 vergrößerte sich durch die Erhöhung der Pro-Kopf-Beträge für große kreisangehörige Städte mit eigenem Jugendamt um 10 €/EW und für kreisfreie Städte um 25 €/EW. Auch dies geht zu Lasten der Rest-Schlüsselmasse B2.

 

Letztlich benachteiligte die LFAG-Änderung ab 01.01.2018 gravierend den Landkreisbereich, dort insbesondere die Landkreise, die ihrerseits Einnahmeverluste im Zweifel über die Kreisumlage refinanzieren müssen.

 

Diese Auswirkungen wurden vom Landkreistag Rheinland-Pfalz schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung des LFAG stets kommuniziert und mit gutachterlichen Feststellungen belegt.

Der Kreistag wurde bereits am 27.08.2018 über die befürchteten Auswirkungen informiert.

 

Die nach dem Haushaltsrundschreiben des Innenministeriums zu erwartenden Schlüsselzuweisungen für den Landkreis Kaiserslautern für das Jahr 2020 zeigen, dass diese Auswirkungen nun leider auch eingetreten sind. Die Schlüsselzuweisung B2 verringert sich gegenüber 2019 um 871.059 € von 21.801.000 auf 20.929.941 €.

 

 

IV.                Entwicklung der Finanzsituation im kreisangehörigen Bereich

 

Durch die Novellierung des LFAG wurden neben den kreisfreien Städten insbesondere auch die Gemeinden gestärkt. Die Schlüsselzuweisung A erfährt im kreiseigenen Bereich einen Zuwachs um 2.664.034 € von 6.332.910 € in 2017 auf 8.996.944 € in 2020 (+42,07%).

Die Steuerkraftmesszahl der Ortsgemeinden gem. § 13 LFAG steigt von 77.100.396 € in 2017 um 17.480.297 € auf 94.580.693 € in 2020 (+22,67%). An diesen Steigerungen partizipiert der Landkreis in Höhe des Kreisumlagesatzes.

 

Die für die Kreisumlageabschöpfung in der Steuerkraftmesszahl enthaltenen Steuerkraftzahlen aus Grundsteuer A, Grundsteuer B und Gewerbesteuer errechnen sich hierbei durch Anwendung der Nivellierungssätze von 300 v. H. / 365 v. H. / 365 v. H. gem. § 13 LFAG.

 

Da fast alle Ortsgemeinden die Hebesätze in den letzten Jahren weit über die Nivellierungssätze angehoben haben, wirken sich die dadurch erzielten Mehrerträge in besonderem Maße positiv bei den Haushalten der Ortsgemeinden aus. Diese Mehrerträge verbleiben zu 100% bei den Gemeinden, da sie nicht über Verbandsgemeinde-/ bzw. Kreisumlage abgeschöpft werden.

 

Neben den Haushalten der Ortsgemeinden gestalten sich aber auch die Haushalte der Verbandsgemeinden in den letzten Jahren zunehmend positiver. Soweit Jahresabschlüsse vorliegen bzw. zwischenzeitlich nachgeholt werden, zeigt sich, dass sich vielerorts die Ergebnisse gegenüber der Haushaltsplanung durchweg positiver gestalten.

 

Eine Gesamtschau der kommunalen Finanzdaten im Landkreis Kaiserslautern gestaltet sich allerdings weiterhin schwierig, da viele Kommunen mit den Jahresabschlüssen noch nicht auf dem aktuellen Stand sind. Ferner können sich die Auswirkungen der LFAG-Änderungen 2018 ff erst in den kommenden Jahresabschlüssen gesichert darstellen lassen.

 

 

V.   Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 29.05.2019 zum Erfordernis einer förmlichen Anhörung der Gemeinden vor der Kreisumlagefestsetzung

 

Das BVerwG hat mit Urteil vom 29.05.2019 klargestellt, dass sich dem Grundgesetz eine Verpflichtung der Landkreise zur förmlichen Anhörung der Gemeinden vor der Entscheidung über die Höhe des Kreisumlagesatzes nicht entnehmen lässt.

 

Bei der Kreisumlagefestsetzung gehe es nicht um einen rechtfertigungsbedürftigen staatlichen Eingriff in die Selbstverwaltungshoheit einzelner Gemeinden, sondern um die Entscheidung einer kommunalen Gebietskörperschaft über die Verteilung der finanziellen Mittel innerhalb des kommunalen Raums zwischen Gemeinden und Landkreis. Die Festsetzung des Kreisumlagesatzes dient nicht dazu, dem kommunalen Raum Finanzmittel zu entziehen, sondern dem Ausgleich der im kommunalen Raum konkurrierenden finanziellen Interessen.

 

Dennoch haben wir den Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden mit Schreiben vom 23.10.2019 Gelegenheit gegeben, zu bzw. vor der Kreisumlagegestaltung 2020 Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat bislang lediglich die Ortsgemeinde Sulzbachtal Gebrauch gemacht.

 

 

Fazit

 

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat bereits bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes im Jahr 2016 entschieden, dass ein Umlagesatz in Höhe von 44,23% das Recht der kreisangehörigen Gemeinden auf eine kraftvolle und eigenverantwortliche Betätigung in der kommunalen Selbstverwaltung nicht beeinträchtige.

 

Da sich die finanziellen Rahmenbedingungen seither zu Gunsten der Ortsgemeinden entwickelt haben und die Ortsgemeinden darüber hinaus bei der LFAG-Änderung 2018 im Gegensatz zu den Landkreisen zu den Begünstigten zählen, erscheint aus Sicht der Verwaltung und in Abwägung der finanziellen Interessen im kommunalen Raum des Landkreises Kaiserslautern eine Erhöhung des Kreisumlagesatzes vertretbar.

 

Die aktuellen Finanzdaten der Orts- und Verbandsgemeinden sowie die Übersicht über die Entwicklung der Steuerkraftmesszahl der Ortsgemeinden sind dieser Vorlage beigefügt und können als Entscheidungshilfen für den Abwägungsprozess bei der Kreisumlagesatzgestaltung herangezogen werden. Wie in den Vorjahren werden wir diese Tabellen auch wieder im Haushaltsplan 2020 abbilden.

 

Die Auswertung der Schnellumfrage des Landkreistages Rheinland-Pfalz ergibt für 2019 einen durchschnittlichen Kreisumlagesatz von 43,99 %. Aufgrund der bisher vorliegenden Meldungen für 2020 ergibt sich prognostisch ein leicht erhöhter Umlagesatz von 44,05 %.

 

Die Verwaltung schlägt nach alledem für das kommende Haushaltsjahr 2020 einen Kreisumlagesatz von 44,25% vor. Das Kreisumlageaufkommen würde sich auf 54.934.437 € belaufen und durch die Erhöhung des Umlagesatzes könnte ein Mehraufkommen bei der Kreisumlage von ca. 2.483.000 € (gegenüber 42,25%) erzielt werden.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag beschließt die Festsetzung des Kreisumlagesatz 2020 in der Haushaltssatzung des Landkreises Kaiserslautern

 

auf ____ , ____ %.