Sachverhalt:
I.
Entwicklung des Kreisumlagesatzes in den
letzten Jahren
In den Haushaltsjahren 2016 und
2017 wurde der Kreisumlagesatz von der Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier im Wege der Ersatzvornahme von 42,25% auf
44,23% bzw. 44,25% erhöht. Gegen die Verfügung der Ersatzvornahme im Jahr 2016
hat der Landkreis Kaiserslautern Widerspruch eingelegt und nach dessen
Zurückweisung Klage beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (VG NW).
Mit Urteil vom 27.06.2018 hat das VG NW die Klage abgewiesen. Mit Schreiben vom
29.11.2018 legte der Landkreis Kaiserslautern gegen das Urteil des VG NW Berufung
beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz ein. Über die Berufung ist noch nicht
entschieden.
Gegen die Ersatzvornahme 2017 hat der Landkreis Kaiserslautern ebenfalls
Widerspruch eingelegt. Das Verfahren wurde in Absprache mit der ADD Trier
ruhend gestellt.
Im Haushaltsjahr 2018 wurde
der Kreisumlagesatz mit 42,25% eingeplant und von der ADD Trier aufgrund des
zunächst planerisch erzielten Haushaltsausgleichs akzeptiert. Im Rahmen einer
Nachtragshaushaltssatzung musste im Herbst 2018 allerdings ein Defizit im
Ergebnishaushalt von 6,3 Mio. € ausgewiesen werden.
Im Haushaltsjahr 2019 wurde
der Kreisumlagesatz abermals vom Kreistag auf 42,25% festgesetzt, der
Ergebnishaushalt wies wie im Ursprungshaushalt des Vorjahres ein positives
Jahresergebnis aus. Die Haushaltssatzung mit Haushaltsplan wurde allerdings von
der ADD Trier beanstandet. Mit Ersatzvornahme vom 18.06.2019 hat die ADD Trier
einen im Teilhaushalt 11 / Soziales im Bereich Asylbewerberleistungen
eingestellten Ertragsansatz um 2 Mio. € reduziert und gleichzeitig die
Kreisumlage um 1,62 v. H. angehoben und auf 43,87 v. H. festgesetzt. Dieser
Umlagesatz war ausreichend, um ein positives planerisches Jahresergebnis im
Ergebnishaushalt (7.180 €) zu erzielen. Der vom Landkreis Kaiserslautern eingelegte
Widerspruch wurde entsprechend dem Verfahren 2017 vorerst ruhend gestellt.
II.
Haushaltsplanung 2020
Die zwischenzeitlich weit vorangeschrittene Haushaltsplanung für das
Jahr 2020 verzeichnet eine deutliche Verschlechterung der Finanzsituation des
Landkreises Kaiserslautern.
Der Saldo der Erträge und Aufwendungen der sozialen Sicherung im Bereich
Teilhaushalt 11 / Soziales verschlechtert sich um ca. 2,95 Mio. €. Die
Verschlechterung im Teilhaushalt 12 / Jugend beträgt nach der Planung ca. 2,26
Mio. €.
Des Weiteren führt eine gegenüber 2019 um 0,492 Mio. € verminderte
Landeszuweisung für die Schülerbeförderung bzw. Kindergartenfahrten und ein
erforderlicher Mehraufwand von 0,250 Mio. € für die Umsetzung des
Baustellenfahrplans im Buslinienverkehr zu einer Haushaltsverschlechterung im
Bereich der Schülerbeförderung (Produkt 2410) und des ÖPNV (Produkt 5470) von
insgesamt mindestens 0,742 Mio. €.
Ferner sind im Bereich des Bauunterhalts, sowohl bei den kreiseigenen
Gebäuden (u.a. Brandschutz) als auch bei den Kreisstraßen Mehraufwendungen zu
erwarten. Die Haushaltsansätze im Bereich Kreisstraßenunterhaltung waren
bereits 2018 und 2019 nicht mehr auskömmlich und es mussten Deckenmaßnahmen
zurückgestellt werden. Die unterbliebenen Straßenunterhaltungsmaßnahmen müssen
zwangsläufig nachgeholt werden, so dass auch hier in Absprache mit dem
Landesbetrieb Mobilität aus Verkehrssicherungsgründen eine Ansatzverstärkung um
mindestens 200.000 € unumgänglich ist. Der Ansatz 2019 betrug 1.430.000 € und
das Rechnungsergebnis 2018 bereits 1.450.731 €, ohne dass nennenswerte
Deckenmaßnahmen vorgenommen wurden.
Ernüchternd ist darüber hinaus die Entwicklung der allgemeinen
Deckungsmittel im Teilhaushalt 3 / Allgemeine Finanzwirtschaft und insbesondere
im Produkt 6110 / Steuern, allgemeine Zuweisungen und allgemeine Umlagen. Die
Schlüsselzuweisungen und sonstigen Zuweisungen des Landes vermindern sich um
ca. 1,147 Mio. €, allen voran die Schlüsselzuweisung B2 mit -0,871 Mio. €
(siehe hierzu insbesondere auch die Ausführungen unter III.).
Das Kreisumlageaufkommen steigt um ca. 0,706 Mio. € (bei einem zu Grunde
gelegten Kreisumlagesatz von 42,25%). Letztlich belaufen sich die Erträge im
Teilhaushalt 3 auf 94.403.553 €, gegenüber 94.844.877 € im Haushaltsplan 2019.
Dies bedeutet im Saldo eine weitere Verschlechterung um -0,441 Mio. €.
Die Verschlechterungen in diesen (einen Kreishaushalt prägenden)
Bereichen summieren sich auf ca. 6,5
Mio. €.
Die Steigerung des Personalaufwandes kann noch nicht abschließend
beziffert werden, wird aber auch in Höhe von mindestens 1,5 Mio. € erwartet.
Nach dem jetzigen Stand der Haushaltsplanung ist bei einem
Kreisumlagesatz von 42,25% mit einem negativen Jahresergebnis 2020 in Höhe von
mindestens ca. 8 Mio. € zu rechnen.
III.
Entwicklungen aufgrund der LFAG-Änderung ab
01.01.2018
Durch die Novellierung des LFAG wurde die Schlüsselzuweisung C um die
neue Teilmasse C3 ergänzt, die mit 60 Mio. € ausgestattet wurde. Die
Schlüsselzuweisung C3 erhalten ab 2019 nur noch die kreisfreien Städte.
Lediglich in 2018 konnte der Landkreis Kusel an dieser neuen Schlüsselzuweisung
partizipieren.
Weiterhin wurde der Leistungsansatz für Zentrale Orte für die fünf
Oberzentren des Landes von 1,1% auf 1,9% erhöht. Dieser Zugewinn bei den fünf
Oberzentren geht zulasten der übrigen Empfänger der Schlüsselzuweisungen B2.
Der Schwellenwert für die Schlüsselzuweisung A wurde von 75% auf 78,5%
angehoben. Dies führte zu einer Finanzstärkung steuerschwacher Kommunen,
verminderte im Gegenzug allerdings die Schlüsselmasse B2. Diese Änderung geht
ebenfalls vor allem zu Lasten der Landkreise und Verbandsgemeinden, die keine
Schlüsselzuweisung A erhalten.
Die Schlüsselmasse B1 vergrößerte sich durch die Erhöhung der
Pro-Kopf-Beträge für große kreisangehörige Städte mit eigenem Jugendamt um 10
€/EW und für kreisfreie Städte um 25 €/EW. Auch dies geht zu Lasten der
Rest-Schlüsselmasse B2.
Letztlich benachteiligte die LFAG-Änderung ab 01.01.2018 gravierend den
Landkreisbereich, dort insbesondere die Landkreise, die ihrerseits Einnahmeverluste
im Zweifel über die Kreisumlage refinanzieren müssen.
Diese Auswirkungen wurden vom Landkreistag Rheinland-Pfalz schon im
Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung des LFAG stets kommuniziert
und mit gutachterlichen Feststellungen belegt.
Der Kreistag wurde bereits am 27.08.2018 über die befürchteten
Auswirkungen informiert.
Die nach dem Haushaltsrundschreiben des Innenministeriums zu erwartenden
Schlüsselzuweisungen für den Landkreis Kaiserslautern für das Jahr 2020 zeigen,
dass diese Auswirkungen nun leider auch eingetreten sind. Die
Schlüsselzuweisung B2 verringert sich gegenüber 2019 um 871.059 € von
21.801.000 auf 20.929.941 €.
IV.
Entwicklung der Finanzsituation im
kreisangehörigen Bereich
Durch die Novellierung des LFAG wurden neben den kreisfreien Städten
insbesondere auch die Gemeinden gestärkt. Die Schlüsselzuweisung A erfährt im
kreiseigenen Bereich einen Zuwachs um 2.664.034 € von 6.332.910
€ in 2017 auf 8.996.944 € in 2020 (+42,07%).
Die Steuerkraftmesszahl der Ortsgemeinden gem. § 13 LFAG steigt von
77.100.396 € in 2017 um 17.480.297 € auf 94.580.693 € in 2020 (+22,67%). An
diesen Steigerungen partizipiert der Landkreis in Höhe des Kreisumlagesatzes.
Die für die Kreisumlageabschöpfung in der Steuerkraftmesszahl
enthaltenen Steuerkraftzahlen aus Grundsteuer A, Grundsteuer B und
Gewerbesteuer errechnen sich hierbei durch Anwendung der Nivellierungssätze von
300 v. H. / 365 v. H. / 365 v. H. gem. § 13 LFAG.
Da fast alle Ortsgemeinden die Hebesätze in den letzten Jahren weit über
die Nivellierungssätze angehoben haben, wirken sich die dadurch erzielten
Mehrerträge in besonderem Maße positiv bei den Haushalten der Ortsgemeinden
aus. Diese Mehrerträge verbleiben zu 100% bei den Gemeinden, da sie nicht über
Verbandsgemeinde-/ bzw. Kreisumlage abgeschöpft werden.
Neben den Haushalten der Ortsgemeinden gestalten sich aber auch die
Haushalte der Verbandsgemeinden in den letzten Jahren zunehmend positiver.
Soweit Jahresabschlüsse vorliegen bzw. zwischenzeitlich nachgeholt werden,
zeigt sich, dass sich vielerorts die Ergebnisse gegenüber der Haushaltsplanung
durchweg positiver gestalten.
Eine Gesamtschau der kommunalen Finanzdaten im Landkreis Kaiserslautern
gestaltet sich allerdings weiterhin schwierig, da viele Kommunen mit den
Jahresabschlüssen noch nicht auf dem aktuellen Stand sind. Ferner können sich
die Auswirkungen der LFAG-Änderungen 2018 ff erst in den kommenden
Jahresabschlüssen gesichert darstellen lassen.
V. Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 29.05.2019 zum Erfordernis einer
förmlichen Anhörung der Gemeinden vor der Kreisumlagefestsetzung
Das BVerwG hat mit Urteil vom 29.05.2019 klargestellt, dass sich dem
Grundgesetz eine Verpflichtung der Landkreise zur förmlichen Anhörung der
Gemeinden vor der Entscheidung über die Höhe des Kreisumlagesatzes nicht
entnehmen lässt.
Bei der Kreisumlagefestsetzung gehe es nicht um einen
rechtfertigungsbedürftigen staatlichen Eingriff in die Selbstverwaltungshoheit
einzelner Gemeinden, sondern um die Entscheidung einer kommunalen
Gebietskörperschaft über die Verteilung der finanziellen Mittel innerhalb des
kommunalen Raums zwischen Gemeinden und Landkreis. Die Festsetzung des
Kreisumlagesatzes dient nicht dazu, dem kommunalen Raum Finanzmittel zu
entziehen, sondern dem Ausgleich der im kommunalen Raum konkurrierenden
finanziellen Interessen.
Dennoch haben wir den Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden mit Schreiben
vom 23.10.2019 Gelegenheit gegeben, zu bzw. vor der Kreisumlagegestaltung 2020
Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat bislang lediglich die
Ortsgemeinde Sulzbachtal Gebrauch gemacht.
Fazit
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat bereits bei der
Festsetzung des Kreisumlagesatzes im Jahr 2016 entschieden, dass ein Umlagesatz
in Höhe von 44,23% das Recht der kreisangehörigen Gemeinden auf eine kraftvolle
und eigenverantwortliche Betätigung in der kommunalen Selbstverwaltung nicht
beeinträchtige.
Da sich die finanziellen Rahmenbedingungen seither zu Gunsten der
Ortsgemeinden entwickelt haben und die Ortsgemeinden darüber hinaus bei der
LFAG-Änderung 2018 im Gegensatz zu den Landkreisen zu den Begünstigten zählen,
erscheint aus Sicht der Verwaltung und in Abwägung der finanziellen Interessen
im kommunalen Raum des Landkreises Kaiserslautern eine Erhöhung des
Kreisumlagesatzes vertretbar.
Die aktuellen Finanzdaten der Orts- und Verbandsgemeinden sowie die
Übersicht über die Entwicklung der Steuerkraftmesszahl der Ortsgemeinden sind
dieser Vorlage beigefügt und können als Entscheidungshilfen für den
Abwägungsprozess bei der Kreisumlagesatzgestaltung herangezogen werden. Wie in
den Vorjahren werden wir diese Tabellen auch wieder im Haushaltsplan 2020
abbilden.
Die Auswertung der Schnellumfrage des Landkreistages Rheinland-Pfalz
ergibt für 2019 einen durchschnittlichen Kreisumlagesatz von 43,99 %. Aufgrund
der bisher vorliegenden Meldungen für 2020 ergibt sich prognostisch ein leicht
erhöhter Umlagesatz von 44,05 %.
Die Verwaltung schlägt nach alledem für das kommende Haushaltsjahr 2020
einen Kreisumlagesatz von 44,25% vor. Das Kreisumlageaufkommen würde sich auf
54.934.437 € belaufen und durch die Erhöhung des Umlagesatzes könnte ein
Mehraufkommen bei der Kreisumlage von ca. 2.483.000 € (gegenüber 42,25%) erzielt
werden.
Beschlussvorschlag:
Der Kreistag
beschließt die Festsetzung des Kreisumlagesatz 2020 in der Haushaltssatzung des
Landkreises Kaiserslautern
auf ____ , ____ %.