Sachverhalt:
Ausgangspunkt für die Überlegungen zur Gründung einer gemeinsamen Stelle
der Städte und Landkreise in Rheinland-Pfalz war die Veränderung der
Eingliederungshilfe durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG). Das Land
Rheinland-Pfalz hat hierzu ein entsprechendes Ausführungsgesetz erlassen
(AGBTHG / AGSGB IX). Die kommunalen Träger haben danach die Aufgaben der
Eingliederungshilfe nach dem BTHG und damit die BTHG-Umsetzung in
Rheinland-Pfalz praktisch zu bewältigen. Für den Personenkreis der unter
18-jährigen Leistungsberechtigten bzw. derer bis zur Beendigung des
Schulverhältnisses, falls dieses nach Vollendung des 18. Lebensjahres der
Leistungsberechtigten liegt, besteht daher dringender Handlungsbedarf. Im Zuge
dieser gesetzlichen Neuregelung sind die Städte und Kreise auf die kommunalen
Spitzenverbände zugekommen mit dem Anliegen, die Aufgabe möglichst gemeinsam zu
erledigen. Dies insbesondere deswegen, weil die Interessenlagen der Träger
weitgehend identisch sind, die Aufgaben einen hohen Spezialisierungsgrad erfordern
und eine Vergleichbarkeit der Vereinbarungen im Land erreicht werden sollte. Im
Übrigen ist davon auszugehen, dass durch die Bündelung der Aufgabe landesweit
gesehen mit Personaleinsparungen zu rechnen ist.
Mit der Unterstützung einer Anwalts- und Wirtschaftsprüferkanzlei haben
Städtetag und Landkreistag verschiedene Organisationsformen überprüft. Die
Gründung eines Zweckverbandes hat sich als sinnvollste Lösung
herauskristallisiert. Insbesondere entfällt hier die Umsatzsteuerpflichtigkeit
der Leistungen und es ist Dienstherrenfähigkeit gegeben. Über die
Mitwirkungsrechte in der Zweckverbandsversammlung haben die Mitglieder
entscheidende Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten.
Das neue KiTa-Zukunftsgesetz in Rheinland-Pfalz kam mit ähnlichen
Erfordernissen in naheliegender Materie zusätzlich hinzu.
Über die konkreten Aufgaben, die auf den Zweckverband übergehen, hinaus,
soll der Zweckverband den kommunalen Trägern als kompetenter Ansprechpartner
für ihre Fragen in Eingliederungs- und Kinder- und Jugendhilfe beratend zur
Verfügung stehen.
Ausgangssituation:
Die Landkreise und die kreisfreien Städte sind örtliche Träger der
Eingliederungshilfe für die in § 1 Abs. 1 des Landesgesetzes zur Ausführung des
Neunten Buches Sozialgesetzbuch (AGSGB IX) genannten Leistungsberechtigten.
Gemeinsam mit den großen kreisangehörigen Städten mit eigenem Jugendamt bilden
sie die Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe im Sinne des
Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (AGKJHG) und dem KiTa-Zukunftsgesetz
Rheinland-Pfalz (KiTaZukG). Sie nehmen die Aufgaben als Pflichtaufgabe der
Selbstverwaltung wahr (§ 1 Abs. 4 AGSGB IX, § 2 Abs. 1 Satz 1 AGKJHG, § 1 Abs.
4 KiTaZukG).
Zwischen Leistungserbringern und Trägern der Eingliederungshilfe muss ein
landesweiter Rahmenvertrag für Leistungen aus dem SGB IX für Kinder und
Jugendliche bis spätestens 31.12.2022 vereinbart und abgeschlossen werden. In
diesem Rahmenvertrag sollen die wesentlichen Leistungen erfasst und als
Grundlage für die Angebote herangezogen werden. Auf Basis dieses
Landesrahmenvertrages sind sodann Entgeltverhandlungen zu führen.
Hinzu kommt, was nicht Gegenstand der ursprünglichen Planung des
Zweckverbandes war, dass ein Rahmenvertrag über Planung, Betrieb und
Finanzierung von Kindertageseinrichtungen sowie die angemessene Eigenleistung
der Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und den auf
Landesebene zusammengeschlossenen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege als
Einrichtungsträger zu verhandeln ist. Dieser bildet die Basis für Regelungen
auf örtlicher Ebene.
Eine zuverlässige
rechtssichere Strukturierung der Eingliederungshilfe und Kinder- und
Jugendhilfethemen erfordert erhebliche, über die Arbeit einzelner Abteilungen
hinausgehende Rechtskenntnisse, zudem ist es unverzichtbar, hohe praktische
Erfahrungen in Verhandlungsführung, Prüfungswesen und auf Detailebene
einzubinden.
Den kommunalen Trägern stehen hier die Leistungserbringer gegenüber, die
ihrerseits mit hoch-wertiger, aus kommunalen Mitteln refinanzierter
Personalausstattung aufwarten. Die Verhandler der Leistungserbringer sind z.B.
Juristen, Diplom-Kaufleute, Pädagogen, Psychologen, Theologen, Strategen aus
der Sozialwirtschaft. Bei Verhandlungen und auch bei den dann folgenden
künftigen Prüfungen hat sich bei den kommunalen Trägern ein breiter Bedarf an
fachlicher Unterstützung ergeben.
Nachteile der
einzelkommunalen Aufgabenerledigung:
Aus der dezentralen Organisation der Aufgabenerledigung ergeben sich
insbesondere folgende Nachteile:
In den derzeitigen Organisationsstrukturen muss jeder kommunale Träger
jeweils für sich einzelne Entgeltverhandlungen führen. Zur Verhandlung eines
Rahmenvertrages und weiterer Vereinbarungen müsste immer von jedem kommunalen
Träger ein Vertreter an allen Sitzungen aller Verhandlungen teilnehmen. Der
Aufbau und die dauerhafte Vorhaltung des hierfür erforderlichen Know-hows ist
angesichts der geringen Fallzahl von Rahmenverträgen nicht wirtschaftlich. Bei
den Entgeltverhandlungen und Prüfungen kommt hinzu, dass dem einzelnen
kommunalen Träger Vergleichsmöglichkeiten nicht ebenso zur Verfügung stehen,
wie einer landesweit tätigen Organisation.
Bei den einzelnen kommunalen Trägern besteht, insbesondere auf dem
Hintergrund der bereits bisher hohen Auslastung, u.a. ein Risiko für
Rechtsfehler in den Verfahren.
Vorteile des
Zweckverbandes:
Die Einrichtung des Kommunalen Zweckverbandes bietet demgegenüber
folgende Vorteile und Potenziale:
Durch die Bereitstellung und Bündelung interdisziplinärer Kompetenzen
können diese erheblich günstiger von allen Mitgliedern genutzt werden.
Die Verhandlung der Rahmenverträge und die zentrale Bearbeitung der
Anliegen der Leistungserbringer führen zu einer Reduzierung der bei den
einzelnen kommunalen Trägern aufzuwendenden Arbeitszeit, damit zu erheblich
geringeren Kosten je Verhandlungsvorgang.
Die laufenden Qualifizierungskosten in den komplexen und sich dynamisch
entwickelnden Arbeits-bereichen, insbesondere in den i. W. neuen Bereichen,
dort insbesondere im Prüfungswesen in den Bereichen von Eingliederungs-,
Kinder- und Jugendhilfe können vor Ort eingespart werden, indem keine neuen
Stellen geschaffen werden müssen.
Durch das jederzeitige Zur-Verfügung-Stehen von ausreichend
qualifiziertem Personal kann für das gesamte Spektrum der auf den Zweckverband
übergehenden Aufgaben eine sichere Wahrnehmung gewährleistet werden.
Bietet der Zweckverband, perspektivisch nach Abschluss der
Rahmenverträge, auch Schulungen an, haben die Mitglieder auch hier einen
Zugriff auf bedürfnisentsprechende Qualifizierungsmöglichkeiten für eigenes
Personal.
Die Rahmenbedingungen der Tätigkeit des Zweckverbandes ermöglichen eine
echte interdisziplinäre Arbeit, speziell im Bereich der Eingliederungshilfe und
der Kinder- und Jugendhilfe, zusätzlich eine Spezialisierung, insbesondere des
Prüfpersonals in bestimmten Bereichen, und eröffnen da-mit zusätzliche
Perspektiven der Personalentwicklung.
Das gemeinsame Vorgehen bietet den kommunalen Trägern die Möglichkeit,
auf Basis gemein-sam formulierter Ansprüche und Ziele notwendige Leistungen für
die Leistungsberechtigten vor Ort zuverlässig und zu angemessenen Bedingungen
zu beschaffen.
Aufgabenspektrum
des Zweckverbandes:
Folgende Aufgaben
gehen auf den Zweckverband über:
·
Der
Zweckverband hat die Aufgabe, seine Mitglieder nach § 2 Nr. 1 bei der Erfüllung
ihrer Aufgaben als örtliche Träger der Eingliederungshilfe und der Kinder- und
Jugendhilfe zu unterstützen.
·
Er
unterstützt seine Mitglieder bei der Verhandlung des Rahmenvertrages nach § 131
SGB IX für den Personenkreis des § 1 Abs. 1 AGSGB IX.
·
Er
vertritt seine Mitglieder
o bei der Verhandlung von Leistungs- und
Vergütungsvereinbarungen im Bereich der Eingliederungshilfe,
o bei der Vorbereitung des Abschlusses von
Vereinbarungen, wobei die Mitglieder den Zweckverband legitimieren können, die
Vereinbarungen abzuschließen,
o bei der Prüfung der Umsetzung der
Vereinbarungen, insbesondere hinsichtlich Qualität und Wirtschaftlichkeit in
den Einrichtungen und ambulanten Diensten,
o in Schiedsstellenverfahren bzw. Verfahren
vor den Sozialgerichten in Angelegenheiten nach §§ 123 ff. SGB IX, sofern ein
Mitglied den Zweckverband hiermit beauftragt und die Verbandsversammlung
zustimmt,
o bei der Verhandlung und dem Abschluss einer
Rahmenvereinbarung über Planung, Betrieb und Finanzierung von
Kindertageseinrichtungen sowie die angemessene Eigenleistung der Kirchen und
Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und den auf Landesebene
zusammengeschlossenen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege als
Einrichtungsträger, die die Grundlage für Vereinbarungen auf örtlicher Ebene
bildet, § 5 Abs. 2 KiTa-Zukunftsgesetz.
Er übernimmt weiterhin für seine Mitglieder die Verwaltung und die
Weiterentwicklung der mit den Aufgaben, die dem örtlichen Träger der
Eingliederungshilfe obliegen, in Zusammenhang stehen-den Tätigkeiten.
Insbesondere kann er seine Mitglieder durch die Weiterentwicklung der
individuellen Hilfe-Teilhabeplanung, der Angebotsstrukturen einschließlich
sozialräumlicher Steuerungsprozesse, die Entwicklung von Standards für die
Leistungsgewährung und die Entwicklung sonstiger Steuerungsprozesse sowie deren
Einführung und Umsetzung unterstützen; er kann auch fachspezifische
Fortbildungen organisieren und durchführen.
Umsetzung der
interkommunalen Zusammenarbeit:
Die interkommunale Zusammenarbeit wird durch Gründung des Zweckverbandes
zur Koordinierung und Beratung der Eingliederungshilfe und der Kinder- und
Jugendhilfe realisiert. Dies erfolgt durch gleichlautende Beschlüsse der Gremien
aller Mitglieder und Verabschiedung der Verbands-ordnung in Anlage 1 im
dortigen Wortlaut.
Der Zweckverband wird sich in einzelnen Entgeltverhandlungen mit den
Praktikern vor Ort ab-stimmen und die Verhandlungen entsprechend dem Wunsch des
jeweiligen Trägers der Eingliederungshilfe bzw. Kinder- und Jugendhilfe
begleiten.
Organisatorisch wurde die Landeshauptstadt als Sitzkommune gewählt,
wodurch u. a. Wege für notwendig werdende Abstimmungen mit Landesbehörden kurz
gehalten werden, zusätzlich ist die Nähe zur Vereinigung der
Leistungserbringer, der LIGA, in Mainz gegeben.
Die Finanzierung des Zweckverbandes erfolgt über eine Verbandsumlage. In
2020 würden bereits 0,55 € pro Einwohner als Anschubfinanzierung eingeplant.
Über die Höhe der Verbandsumlage beschließt die Verbandsversammlung. Es ist
nach den derzeitigen Planungen davon auszugehen, dass voraussichtlich eine
Umlage i.H.v. 0,50-0,60 €/Einwohner für die kreisfreien Städte und Landkreise
anfallen wird. Für die großen kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt
wird die Umlage voraussichtlich erheblich geringer ausfallen, da diese nur
einen Teil der Leistungen (nämlich in der Kinder- und Jugendhilfe) abrufen. Die
Entscheidung über die Höhe der Beteiligung dieser Mitglieder bleibt der
Verbandsversammlung vorbehalten.
Nach Zustimmung der Verbandsmitglieder werden die weiteren Schritte zur
Einrichtung des Zweckverbandes erfolgen.
Weiteres
Vorgehen:
Das weitere Vorgehen zur Einrichtung des Zweckverbandes soll sich nach
erfolgter Beschlussfassung der Landkreise, der kreisfreien Städte und der
kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt wie folgt gestalten:
Die Aufnahme der Arbeit des Zweckverbandes als Zweckverband wird nach
wortlautübereinstimmender Beschlussfassung aller Mitglieder und Feststellung
der Errichtung durch die zuständige Aufsichtsbehörde, die Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD), erfolgen. Städtetag Rheinland-Pfalz
und Landkreistag Rheinland-Pfalz (Mitglieder des Zweckverbandes gemäß § 2 Ziff.
2 der Verbandsordnung) werden ermächtigt und bevollmächtigt, gemeinschaftlich
die erforderliche Feststellung der Verbandsordnung bei der zuständigen
Aufsichtsbehörde für sämtliche beteiligte Mitgliedskörperschaften einzuholen.
Der Zweckverband wird dann, entsprechend seinem interdisziplinären
Konzept, nach und nach die erforderlichen Personalbesetzungen vornehmen.
Beschlussvorschlag:
- Im Rahmen der interkommunalen
Zusammenarbeit beteiligt sich der Landkreis Kaiserslautern am Kommunalen
Zweckverband zur Koordinierung und Beratung der Eingliederungshilfe und
der Kinder- und Jugendhilfe, der seinen Sitz in der Landeshauptstadt Mainz
haben wird.
- Der Verbandsordnung im Wortlaut und
gemäß Anlage 1 wird zugestimmt.
- Der Städtetag Rheinland-Pfalz und der
Landkreistag Rheinland-Pfalz werden ermächtigt, den Landkreis
Kaiserslautern im Verfahren der Zweckverbandsgründung gegenüber der
zuständigen Aufsichtsbehörde, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion
Rheinland-Pfalz (ADD), gemeinschaftlich zu vertreten, Erklärungen im
Rahmen des Feststellungverfahren des Zweckverbandes zur Koordinierung und
Beratung der Eingliederungshilfe und der Kinder- und Jugendhilfe
rechtswirksam abzugeben und entgegenzunehmen und insbesondere dazu, die
erforderliche Feststellung der Verbandsordnung bei der zuständigen
Aufsichtsbehörde für sämtliche beteiligte Mitgliedskörperschaften einzuholen.