Sachverhalt:
Zum Antrag der
Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen nimmt die Verwaltung wie folgt
Stellung:
a) Rechtslage
Von der Rechtslage
ist es so, dass baurechtliche Regelungen für das Erfordernis von
Lüftungsanlagen ausschließlich in der Versammlungsstättenverordnung zu finden
sind. Als Generalklausel findet sich in § 50 („Sonderbauten“) Abs.1 neben einer
Reihe anderer Punkte unter Nr. 9 das Thema Lüftung im Hinblick auf
Anforderungen und Erleichterungen, die im Einzelfall von der Bauaufsichtsbehörde
angeordnet werden können.
Für den Schulbau
gibt es keine eigenständigen Vorgaben zum Thema Raumlüftung; die
Sondervorschrift der Schulbaurichtlinie von 2004 hebt ausschließlich auf
baulichen Brandschutz ab.
b)
Raumlüftung
In praktisch allen
Publikationen wird die CO²-Belastung der Raumluft als „Leitwert“ für die
Luftqualität herangezogen, als Richtwert werden regelmäßig 1.000 ppm/m³ CO²
genannt.
Das Umweltbundesamt
(UBA) und insbesondere deren Kommission Innenraumlufthygiene in Dessau-Roßlau
(IRK) hatte sich bereits 2009 eingehend mit der Lüftungsthematik in Schulräumen
auseinandergesetzt und Empfehlungen und Hinweise zur Raumluftqualität gegeben,
die allerdings das gesamte Spektrum der Raumlufthygiene umfassen, nicht nur die
Aspekte CO² und Virenbelastung. Eine unmittelbare Notwendigkeit resp. eine
entsprechende Empfehlung, grundsätzlich mechanische Lüftungsanlagen in
Schulräumen vorzusehen, wird darin nicht festgestellt.
Aus aktuellem Anlass
der Corona-Pandemie hat sich das UBA/IRK am 12.08.2020 in einer Stellungnahme
ausführlich zum Lüften während der SARS-CoV-2-Pandemie geäußert. Darauf
bezugnehmend hat das Bildungsministerium am 07.10.2020 eine gemeinsame
Handreichung „Lüften und Raumlufthygiene in Schulen in Rheinland-Pfalz“
zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden, Unfallkasse Rheinland-Pfalz,
Universitätsmedizin Mainz und dem Institut für Lehrergesundheit (IfL)
herausgegeben, in welchem die Lüftungsmöglichkeiten durch Fensterlüftung und
mechanischer Lüftung dargestellt werden und konkrete Hinweise gegeben werden.
Beide Papiere
stellen die verschiedenen Möglichkeiten der Raumlüftung an Schulen
gleichberechtigt nebeneinander dar, ohne dass auch hier ein generelles
Erfordernis hergeleitet wird, alle Schulräume mit mechanischen Raumlüftungsanlagen
zu versehen.
Vor diesem
Hintergrund wird im Rahmen der Schulbauförderung der Einbau mechanischer
Lüftungsanlagen in Klassenräumen von Schulen nur dann gefördert, wenn und
soweit die zwingende konkrete Erfordernis in jedem Einzelfall (d.h. für jeden
Raum) jeweils belegt und nachgewiesen ist.
Dies gilt
sowohl bei Neubaumaßnahmen als auch bei
der Nachrüstung im Bestand. Eine pauschale flächendeckende Nachrüstung im
Bestand scheidet unter Fördergesichtspunkten in jedem Fall aus; eine solche
Investition muss der Schulträger deshalb ganz auf eigene Kosten durchführen.
c)
Luftreinigung
Das Thema Raumluftreinigung
zur Reduzierung einer Virenlast in Klassenräumen ist davon unabhängig zu
betrachten. Hierzu hat das UBA am 22.10.2020 ausführlich Stellung genommen und
hinsichtlich von Raumluftreinigungsanlagen folgende Priorisierung
vorgenommen:
„(…) Das Umweltbundesamt steht einem generellen
Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte jedoch kritisch gegenüber und hält ihn
lediglich in Ausnahmefällen als zusätzliche Maßnahme für gerechtfertigt. Denn
die Wirksamkeit der mobilen Luftreinigungsgeräte in Hinblick auf die
Reduzierung von SARS-CoV-2-Viren ist in vielen Fällen bislang nicht eindeutig
nachgewiesen. Zudem beseitigen mobile Luftreiniger nicht die in Unterrichtsräumen
übliche Anreicherung von Kohlendioxid (CO2), Luftfeuchte und diversen
chemischen, teils geruchsaktiven Substanzen.
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Priorisierung der Lüftungsmaßnahmen an Schulen aus Sicht des UBA
Das Umweltbundesamt empfiehlt,
Lüftungsmaßnahmen an Schulen in folgender Rangfolge zu betrachten.
1.
In Schulen mit raumlufttechnischen
(RLT-)Anlagen sollen für die Dauer der Pandemie die Frischluftzufuhr erhöht
werden, und die Betriebszeiten der Anlagen verlängert werden. Arbeitet die
Anlage mit Umluft ist der Einbau zusätzlicher Partikelfilter
(Hochleistungsschwebstofffilter H 13 oder H 14) zu erwägen.
2.
In Schulen ohne RLT-Anlagen (schätzungsweise
90 % der Schulen) soll intervallartig über weit geöffnete Fenster gelüftet
werden, wie in der gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz (KMK) verfassten
UBA Handreichung zum Lüften in Schulen vom 15.10.2020 beschrieben. Diese
Maßnahmen sind rasch und einfach umsetzbar und bieten einen wirksamen Schutz,
weil die Außenluft nahezu virenfrei ist. Die
im Winter unvermeidliche Abkühlung der Raumluft durch Stoßlüften hält nur für
wenige Minuten an und ist aus medizinischer Sicht unbedenklich.
CO²-Sensoren können als Orientierung dienen, ob und wie rasch die
Frischluftzufuhr von außen gelingt.
3.
Sofern sich Fenster in Klassenräumen nicht
genügend öffnen lassen, sollte geprüft werden, ob durch den Einbau einfacher
ventilatorgestützter Zu- und Abluftsysteme (z. B. in Fensteröffnungen) eine
ausreichende Außenluftzufuhr erreicht werden kann.
Sind die Maßnahmen unter 1 bis 3 nicht
anwendbar, ist ein Raum aus innenraumhygienischer Sicht nicht für den
Unterricht geeignet. Sollen solche Räume dennoch zum Unterricht genutzt werden,
kann der Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte erwogen werden.“
Die Thematik wurde
dann am 16.11.2020 in einem weiteren Papier
der IRK nochmals vertieft hinsichtlich der Wirkung, der Randbedingungen,
der technischen Voraussetzungen und der Einordnung in die Möglichkeiten zur
Beherrschung der Corona-Risiken im Schulunterricht.
Das IRK fasst wie
folgt zusammen:
„Luftreiniger können Lüftung und
Lüftungsanlagen nicht ersetzen
Die IRK sieht bei Lüftungsmaßnahmen folgende Abstufungen der
Prioritäten:
1)
Regelmäßiges intensives Lüften über Fenster
auf Grundlage der IRK-Empfehlungen vom 12.8.2020 sowie der UBA-Handreichung vom
15.10.2020 oder durch Einsatz von zentral oder etagenweise eingebauten
Lüftungsanlagen.
2)
Wenn das Lüften über Fenster nur
eingeschränkt möglich ist, soll der Einbau einfacher Zu-/und Abluftanlagen
geprüft werden. Solche Anlagen können auch über die Pandemiesituation hinaus
vor Ort verbleiben und bei eingeschränkter Lüftungsmöglichkeit dauerhaft zur
Verbesserung der Raumluftqualität beitragen.
3)
Wenn die Maßnahmen unter (1) und (2) nicht
realisierbar sind, kann der Einsatz von mobilen Luftreinigern erwogen werden.
Diese sollen das Lüften jedoch nicht ersetzen, sondern nur flankieren. Gelüftet
werden muss in jedem Fall, selbst wenn in solchen Fällen auch nur eingeschränkt
möglich.
Räume, in denen keine
Lüftungsmöglichkeit über Fenster vorhanden ist und auch keine Lüftungsanlage
zum Einsatz kommt, sind für den Unterricht nicht geeignet.
In den Fällen unter
Punkt (3) hält die IRK mobile Luftreiniger, deren Fähigkeit zur Entfernung
virushaltiger Partikel in Realräumen experimentell nachgewiesen wurde, als
flankierende Maßnahme zur Minderung eines Infektionsrisikos für geeignet. Die
IRK betont dabei erneut, dass durch den Einsatz dieser Geräte nicht alle
Verunreinigungen aus der Raumluft entfernt (vgl. Anmerkungen unter „Lüftungsanlagen
und Lüften in Schulen“). Mobile Luftreiniger wälzen die Raumluft lediglich um
und ersetzen nicht die notwendige Zufuhr von Außenluft.
Bereits 2015 hat die
IRK grundsätzlich zum Einsatz von Luftreinigern und deren Möglichkeit,
Schadstoffe (chemische Stoffe sowie Stäube) aus der Luft zu entfernen, Stellung
genommen (IRK 2015). Die Aussagen jener Veröffentlichung gelten nach wie vor.
Alle hier genannten
Maßnahmen, Lüftungskonzepte und -techniken sowie ggf. der Einsatz von mobilen
Luftreinigern ersetzen nicht die allgemein bekannten Schutzmaßnahmen gegen
SARS-CoV-2. Sie bieten zudem keinen wirksamen Schutz gegenüber einer Exposition
durch direkten Kontakt bzw. Tröpfcheninfektion auf kurzer Distanz.
Die Einhaltung der
AHA-Regeln (Abstand, Hygiene/Händewaschen, Alltagsmasken) sind daher unabhängig
von den obigen Maßnahmen weiterhin zu beachten (AHA+L)!“
Aufbauend auf diesen
Darlegungen des UBA hat die Landesregierung im Dezember 2020 ein Förderprogramm
für Luftreinigungsgeräte aufgelegt, welches sich ausdrücklich auf die in den
Papier von IRK unter Nr. 3 genannten
Fällen beschränkt.
Die Verwaltung hat
hierzu eine Vorbewertung der Schulräume in den Schulen des Kreises vorgenommen,
und ergänzend dazu noch einmal eine Bedarfsanfrage bei den Schulleitungen gestartet,
die zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Vorlage noch nicht abgeschlossen war.
Die entsprechenden Anforderungen der Schulen werden geprüft und auf den Weg
gebracht.
Die Antworten zu den einzelnen
Anforderungen des Antrags:
Zu 1.)
Hierzu wird zunächst
hinsichtlich Notwendigkeit und Förderbarkeit auf die vorstehenden Ausführungen
verwiesen: sämtliche Planungs- und Bauinvestitionen müssen vom Schulträger zu
100% getragen werden. Die Notwendigkeit einer solchen Investition müsste von
der Kommunalaufsichtsbehörde als unabweisbar anerkannt werden, weil anders
keine kommunalaufsichtliche Genehmigung der Investitionen zu erwarten wäre.
Für die
vorgeschlagene Bedarfs-, Investitions- und Folgekostenuntersuchung ist es –
analog zum Vorgehen am Sickingen-Gymnasium (siehe Antwort zu Nr.3) -
erforderlich ein Fachplanungsbüro TGA zu beauftragen, dies kann weder aus
fachlichen Gründen, noch aus Gründen der Arbeitskapazität von der Verwaltung
übernommen werden.
Unabhängig davon
zeigt die Erfahrung aus der Baumaßnahme Sickingen-Gymnasium (siehe Antwort zu
3.), dass im Lichte der Untersuchungs- und Empfehlungslage des
Umweltbundesamtes der Nachweis eines unabweisbaren Bedarfs für flächendeckende
mechanische Lüftung der Schulräume kaum erbracht werden kann. Im (aus Sicht der
Verwaltung kaum erwartbaren) flächendeckenden Bedarfsfall wäre überdies eine
Erwartung auf eine schnelle und gleichzeitig kostengünstige Lösung
unrealistisch.
Den zu erwartenden
Folgekosten aus Stromverbrauch, Wartungsnotwendigkeit (wiederkehrende Prüfungen
auch bauaufsichtlich gefordert!), Kosten für mindestens jährliche Filterwechsel
wird kaum eine energetische Einsparung aus der Wärmerückgewinnung
entgegenzustellen sein. Der zweifellos zu erwartende Wärmeverlust der Raumluft
infolge der regelmäßigen Stoßlüftung dürfte nach Kenntnis der Verwaltung dabei
keine wirklich ausschlaggebende Rolle bei der Energiebilanz spielen.
Alle diese Fragen
würden sich aber im Rahmen der fachtechnischen Untersuchung beantworten lassen.
Zu 2.)
Zur in der VG Ramstein-Miesenbach
probeweise realisierten ad-hoc- „Baumarkt-Lüftung“ hält es die Verwaltung für
geboten, die dort erzielten Effekte zu beobachten, und daraus dann die
Entscheidung für ein solches Vorgehen bei Schulen des Landkreises abzuleiten.
Die bisherige
Erfahrung zeigt, dass die baulichen Möglichkeiten, für eine relativ einfache
Zu- und Abluftführung mit solchen Einrichtungen zu sorgen, vor allem bei Räumen
mit Oberlichtfenstern gegeben sind. Dies
ist an unseren Schulen nur zum Teil der Fall, dies lässt sich aber im Detail
noch ermitteln. In anderen Fällen dürfte ein größerer Umbauaufwand entstehen.
Zur operativen
Umsetzung ist anzumerken, dass der Landkreis anders als die Stadt
Kaiserslautern und die Verbandsgemeinden nicht über einen Bauhof verfügt, mit
dessen Personal- und Sachressourcen ein solches Projekt ad hoc umgesetzt werden
könnte. Entweder diese Maßnahme muss dann als Handwerkerleistung beauftragt
werden, die dann zu einer anderen Kostenstruktur führt, und bei der dann auch
vergaberechtliche Fragen in den Blick kommen. Oder aber man findet eine
Möglichkeit, eine Umsetzung auf ehrenamtlicher Basis auf den Weg zu bringen.
Man muss sich auf
jeden Fall darüber im Klaren sein, dass mit solchen Apparaturen nach
derzeitigem Stand der Vorgaben zum Infektionsschutz keine Suspendierung der
AHA-Regeln verbunden sein wird.
Zu 3.)
Bei der
Sanierungsplanung für das Sickingen-Gymnasium haben sich sowohl der Fachplaner
wie auch die Objektplaner intensiv mit der Frage Raumlüftung
auseinandergesetzt. Die Architekten haben dann in einem ersten Planungsergebnis
eine Raumlüftung der Klassenräume über die Fenster vorgesehen, dabei werden pro
Raum jeweils zwei hinter feststehenden Jalousien befindliche Fensterflügel an
beiden Enden der Fensterfront angeordnet, wodurch eine zugfreie (ggf.
dauerhafte) Fenster-Querlüftung ermöglicht werden kann.
In einem Workshop,
den wir am 06.10.2020 zusammen mit den Planern und Vertretern der Schule
durchgeführt hatten, kam dieses Thema dann erneut zur Sprache. Vor dem Hintergrund
der Lüftungsthematik im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hatten wir uns
dann entschlossen, die Situation nochmals vom Fachplaner gutachterlich
betrachten zu lassen, indem die verschiedenen Varianten der Raumlüftung
hinsichtlich ihrer Wirksamkeit den arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen (ein
normiertes Anforderungsprofil für die Raumlüftung von Unterrichtsräumen
existiert nicht) sowie der technischen Umsetzbarkeit im vorhandenen Objekt zu
vergleichen.
Der Fachplaner ist
zum Ergebnis gekommen, dass die von den Architekten vorgeschlagene
Lüftungskonzeption
die Anforderungen an ausreichenden Luftwechsel erfüllen wird. Für die
naturwissenschaftlichen Unterrichtsräume wurde wie bisher schon der Einbau von
dezentralen mechanischen Lüftungseinrichtungen vorgeschlagen, da infolge der
dort in einigen Räumen einzubauenden Verdunklungen eine Fensterlüftung nicht
mehr möglich ist.
Auf dieser Basis hat
der Objektplaner eine zusammenfassende Empfehlung (mit Entscheidungsmatrix für
die Varianten Fensterlüftung+ Fachraumlüftung bei Verdunkelung bzw. dezentrale
Lüftungsanlagen für das gesamte Objekt) abgegeben, in welcher er für die
Umsetzung des bisherigen Konzepts plädiert.
Die Frage wurde mit
der Schulaufsichtsbehörde ADD, die gleichzeitig auch Zuschussgeberin für die
Schulbauförderung des Landes ist, diskutiert. Im Ergebnis wurde von dort
mitgeteilt, dass der Einbau von Lüftungsanlagen seitens des Landes nur in den
Fällen gefördert wird, in denen die erforderlichen Luftwechselraten durch
Fensterlüftung nicht erreicht werden können. Eine darüber hinausgehende
generelle Ausrüstung von Unterrichtsräumen mit Lüftungsanlagen wird seitens des
Landes nicht als erforderlich angesehen und daher auch nicht gefördert.
Die von den Planern
empfohlene Lösung hat der Schulträger dann nach vorheriger Abstimmung mit der
Schule den Planern zur weiteren Bearbeitung vorgegeben. Die im
Naturwissenschafts-Trakt vorgesehenen dezentralen Lüftungsanlagen werden alle
wie heute üblich mit einem Wärmetauscher ausgerüstet sein.
Beschlussvorschlag:
Der Kreistag nimmt
den Sachverhalt zur Kenntnis.