Sachverhalt:
Der ÖPNV
hat seit Jahren einen akuten Mangel an qualifizierten Busfahrern. Die
Hauptursache hierfür ist im Landestariftreuegesetz begründet. Dieses hatte
nicht den, für die meisten im VRN-Gebiet vor der Marktöffnung üblichen
Haustarif der Bahnbusgesellschaften für repräsentativ erklärt, sondern den sog.
VAV Tarif des privaten Omnibusgewerbes. Die Folge war eine erhebliche Absenkung
des Lohnniveaus, sowie eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
der Busfahrer.
Im August
2020 haben sich daher die Tarifpartner des VAV (Vereinigung der
Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe) auf einen überproportional hohen
Tarifabschluss verständigt. Dem voraus ging, ohne vorherige Information der
kommunalen Aufgabenträger bzw Verkehrsverbünde, die Zusage des damaligen
Verkehrsstaatssekretärs Becht, im Rahmen eines „Rheinland-Pfalz-Index“ (RPI)
die durch diesen Abschluss erzeugten Personalkostensteigerungen, die in weiten
Teilen so in den laufenden Verträgen mit den Aufgabenträgern nicht eingepreist sind,
landesseitig auszugleichen. Ansonsten wäre Rheinland-Pfalz 2020 mit einem großflächigen
Busfahrerstreik in das neue Schuljahr 2020/21 gestartet.
Im weiteren
Verlauf der Gespräche zum Rheinland-Pfalz-Index wurde dann deutlich, dass das
Land nur die Hälfte der durch den Tarifabschluss verursachten Mehrkosten
übernehmen will und von der kommunalen Seite – also den Bestellern der
jeweiligen Linienbündel – erwartet, dass sie die anderen 50 % übernimmt.
In der
Märzsitzung 2021 des Verwaltungsrates des VRN wurde vereinbart, dass die
Verbundgesellschaft des VRN im Rahmen ihrer Aufgabenträgerbetreuung die
notwendigen Informationen und Daten für eine etwaige Mitfinanzierung der
Kommunen zusammenträgt, denn bis dato war den Kommunen vollkommen unbekannt,
welche Kostensummen zu erwarten sind. Eine vorherige Abstimmung des Landes mit
den Kommunen bzw. den Verkehrsverbünden über die Kostenverteilung auf der Basis
des Rheinland-Pfalz-Indexes fand nicht
statt.
Im Juli
2021 hat das Land entschieden, welche Berechnungsmethode zur Ermittlung der
förderfähigen Mehrkosten landesweit anzuwenden ist. Auf dieser Basis hat die
VRN GmbH die Verbundunternehmen in Rheinland-Pfalz gebeten, die Kosten zu
ermitteln und der Verbundgesellschaft mitzuteilen.
Das Land hat für die Abwicklung der Verfahren eine Förderrichtlinie zum
Ausgleich von außerordentlichen Mehrkosten beim Personal im Busgewerbe des ÖPNV
erlassen, welche seit 27.08.2021 in Kraft ist. Die darin geregelte Förderung
richtet sich aus beihilferechtlichen Gründen nicht unmittelbar an die
Verkehrsunternehmen, sondern an die kommunalen Aufgabenträger.
Diese haben beim Land den Förderantrag zu stellen und erhalten dann 50%
der nachgewiesenen Mehrkosten vom Land ersetzt, sofern sie sich verpflichten,
diese Mittel im Rahmen einer Anpassung ihrer Verträge mit den
Verkehrsunternehmen an diese weiterzuleiten.
Formal ist die Landesförderung also nicht an eine
Komplementärfinanzierung der kommunalen Seite gekoppelt. Rechtlich ergibt sich
jedoch aus der Förderrichtlinie ein mittelbarer Zwang zum Ausgleich der übrigen
50%..
Das Land gibt vor, dass die Aufgabenträger ihre Verträge mit den
Unternehmen ergänzen, um beihilferechtlich eine Grundlage für die
Zuschusserhöhung zu schaffen. Wie schon bei der Umsetzung des
ÖPNV-Rettungsschirmes in den Nettoverträgen, bedarf es hierzu vertragsrechtlich
des Rückgriffs auf die Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB. Um die
Förderung des Landes zu erhalten und auskehren zu können, muss also der
Aufgabenträger im Vertrag mit dem Verkehrsunternehmen eine Störung der
Geschäftsgrundlage wegen des Tarifabschlusses feststellen. Daraus erwächst
jedoch ein Anspruch des Unternehmens, dass diese Störung dann nicht nur zur
Hälfte, sondern vollständig beseitigt wird. Eine Begrenzung des Ausgleichs der Mehrkosten
durch den Tarifabschluss allein auf die Landesmittel dürfte nach Ansicht des
VRN rechtlich nicht durchzuhalten sein.
Deshalb
empfiehlt der VRN den Aufgabenträgern, die Fördermittel des Landes nur in
Anspruch zu nehmen, wenn die kommunale Seite auch bereit ist, die vom Land
erwarteten kommunalen 50 % zu finanzieren.
Bis auf zwei Linienbündel gibt es im VRN-Gebiet keinen Verkehrsvertrag,
der lediglich den finanziellen Verantwortungsbereich eines einzigen
Aufgabenträgers betrifft. Daher können die VRN-Mitglieder hier faktisch
gegenüber dem Land und den Verbundunternehmen nur gemeinsam handeln. Es ist
deshalb vorgesehen, dass der VRN einen gemeinsamen Förderantrag für seine
linksrheinischen Mitglieder beim Land stellen soll. Dies auch vor dem Hintergrund,
dass die Vertragsabwicklung gegenüber den Unternehmen ohnehin der Vergabestelle
des Verkehrsverbundes gemäß § 10 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 6 NVG obliegt.
Der VRN hat am 15. Oktober 2021 den aktuellen Finanzierungsanteil des
Landkreises Kaiserslautern nach dem Rheinland-Pfalz-Index für dessen
Linienbündel mitgeteilt. Demnach betragen die Mehrkosten für die Bündel, an
welchen der Landkreis Kaiserslautern beteiligt ist, 314.601,- Euro für das Jahr
2021 (Anlage 1). Durch das im Rheinland-Pfalz-Index entwickelte Verfahren
werden die in den Verträgen vereinbarten Zahlungen durch einen speziellen Index
an die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht absehbaren
Lohnkostensteigerungen angepasst. Mit dieser Unterstützung sollen massive
Preissteigerungen für die Fahrgäste vermieden und der klimafreundliche ÖPNV
unterstützt werden. So die Erläuterung des Verkehrsministeriums.
Der Verbund empfiehlt, für den Haushalt 2022 eine ähnliche Summe in den
Haushalt einzuplanen. Die Förderrichtlinie des Landes sieht vor, dass die
Förderung der Verkehre bis zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit, längstens
jedoch bis zum 30.06.2026 gewährt wird. Die finanziell bedeutenden Linienbündel
KL-Nordwest und KL-Südwest werden im Sommer 2025 neu vergeben; das Bündel KL
Nord im Sommer 2023.
Mit den künftigen Neuvergaben der Buslinienbündel werden die bisher
gefassten Tarifbeschlüsse in die Angebotskalkulation der Bieter eingehen und
wären letztlich ebenfalls von den Aufgabenträgern auszugleichen.
In einer
Videokonferenz mit Frau Staatssekretärin Eder am 15.10.2021 haben die
betroffenen Kommunen und der Verkehrsverbund VRN das bisherige Verfahren und
die mangelhafte Kommunikation scharf kritisiert, aber auch darüber beraten, wie
die weitere Vorgehensweise erfolgen kann, auch vor dem Hintergrund des
Fristablaufs einer Förderbeantragung beim Land am 31.10.2021.
Um weitere
Arbeitskämpfe und gravierende Busfahrerstreiks zu vermeiden, haben sich die
Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen dazu verständigt, in ihren kommunalen
Gremien eine positive Entscheidung über die 50-prozentige Kostenbeteiligung
herbeizuführen. Zur Wahrung der Antragsfrist 31.10.2021, soll die VRN GmbH im
Namen der Aufgabenträger den
Sammelantrag für die Verbandsmitglieder beim Land einreichen. Der Antrag soll aber
unter den Vorbehalten stehen, dass
- Das Verkehrsministerium mit der ADD klärt,
dass es sich bei dem kommunalen Anteil nicht um eine freiwillige Aufgabe
handelt, sondern um den Vollzug einer Pflichtaufgabe, und
- Der
Abruf der Fördermittel unter dem Vorbehalt kommunaler Gremienbeschlüsse
steht.
Im Haushalt des Jahres
2021 sind keine Mittel für die Zahlung der Mehrkosten des Rheinland-Pfalz-Index
vorhanden. Zum Zeitpunkt der damaligen Haushaltsaufstellung bzw. der
Beschlussfassung zum Haushalt waren keine Informationen über eine finanzielle
Beteiligung der Kommunen am Rheinland-Pfalz-Index bekannt.
Der Mehraufwand im
Budget 704 müsste folglich über eine überplanmäßige Ausgabe abgewickelt werden.
Beschlussvorschlag:
- Der Kreistag nimmt zustimmend zur Kenntnis,
dass die VRN GmbH beauftragt wurde, beim Land den Sammelantrag zum Abruf
der Landesmittel zur hälftigen Finanzierung der wirtschaftlichen Folgen
aus dem Tarifabschluss VAV vom August 2020 und dem anstehenden Abschluss
2021 bezogen auf die dort ausgehandelten Einmalzahlungen im Namen der
rheinland-pfälzischen Verbandsmitglieder zu stellen und in der Abrechnung
der Linienbündel mit den Verbundunternehmen den entsprechenden
Vollausgleich vorzusehen.
Dies
erfolgt unter dem Vorbehalt, dass die zuständigen Gremien die hierzu notwendige
kommunale Komplementärfinanzierung bewilligen, und seitens des Landes eine
Bestätigung erfolgt, wonach die kommunale Mitfinanzierung als Vollzug der
Pflichtaufgabe „ÖPNV“ angesehen wird.
- Der Kreistag beschließt die notwendige Komplementärfinanzierung an
den außerordentlichen Mehrkosten beim Personal im Busgewerbe des ÖPNV in
Höhe von 50%. Die Förderrichtlinie des Landes sieht vor, dass die
Förderung und somit auch Komplementärfinanzierung der Verkehre bis zum
Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit, längstens jedoch bis 30.06.2026
gewährt wird.