Betreff
ÖPNV; Rheinland-Pfalz-Index - Bewilligung Kommunaler Finanzierungsanteil
Vorlage
2571/2021
Aktenzeichen
3/sp
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Der ÖPNV hat seit Jahren einen akuten Mangel an qualifizierten Busfahrern. Die Hauptursache hierfür ist im Landestariftreuegesetz begründet. Dieses hatte nicht den, für die meisten im VRN-Gebiet vor der Marktöffnung üblichen Haustarif der Bahnbusgesellschaften für repräsentativ erklärt, sondern den sog. VAV Tarif des privaten Omnibusgewerbes. Die Folge war eine erhebliche Absenkung des Lohnniveaus, sowie eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Busfahrer.

 

Im August 2020 haben sich daher die Tarifpartner des VAV (Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe) auf einen überproportional hohen Tarifabschluss verständigt. Dem voraus ging, ohne vorherige Information der kommunalen Aufgabenträger bzw Verkehrsverbünde, die Zusage des damaligen Verkehrsstaatssekretärs Becht, im Rahmen eines „Rheinland-Pfalz-Index“ (RPI) die durch diesen Abschluss erzeugten Personalkostensteigerungen, die in weiten Teilen so in den laufenden Verträgen mit den Aufgabenträgern nicht eingepreist sind, landesseitig auszugleichen. Ansonsten wäre Rheinland-Pfalz 2020 mit einem großflächigen Busfahrerstreik in das neue Schuljahr 2020/21 gestartet.

 

Im weiteren Verlauf der Gespräche zum Rheinland-Pfalz-Index wurde dann deutlich, dass das Land nur die Hälfte der durch den Tarifabschluss verursachten Mehrkosten übernehmen will und von der kommunalen Seite – also den Bestellern der jeweiligen Linienbündel – erwartet, dass sie die anderen 50 % übernimmt.

 

In der Märzsitzung 2021 des Verwaltungsrates des VRN wurde vereinbart, dass die Verbundgesellschaft des VRN im Rahmen ihrer Aufgabenträgerbetreuung die notwendigen Informationen und Daten für eine etwaige Mitfinanzierung der Kommunen zusammenträgt, denn bis dato war den Kommunen vollkommen unbekannt, welche Kostensummen zu erwarten sind. Eine vorherige Abstimmung des Landes mit den Kommunen bzw. den Verkehrsverbünden über die Kostenverteilung auf der Basis des  Rheinland-Pfalz-Indexes fand nicht statt.

 

Im Juli 2021 hat das Land entschieden, welche Berechnungsmethode zur Ermittlung der förderfähigen Mehrkosten landesweit anzuwenden ist. Auf dieser Basis hat die VRN GmbH die Verbundunternehmen in Rheinland-Pfalz gebeten, die Kosten zu ermitteln und der Verbundgesellschaft mitzuteilen.

Das Land hat für die Abwicklung der Verfahren eine Förderrichtlinie zum Ausgleich von außerordentlichen Mehrkosten beim Personal im Busgewerbe des ÖPNV erlassen, welche seit 27.08.2021 in Kraft ist. Die darin geregelte Förderung richtet sich aus beihilferechtlichen Gründen nicht unmittelbar an die Verkehrsunternehmen, sondern an die kommunalen Aufgabenträger.

Diese haben beim Land den Förderantrag zu stellen und erhalten dann 50% der nachgewiesenen Mehrkosten vom Land ersetzt, sofern sie sich verpflichten, diese Mittel im Rahmen einer Anpassung ihrer Verträge mit den Verkehrsunternehmen an diese weiterzuleiten.

 

Formal ist die Landesförderung also nicht an eine Komplementärfinanzierung der kommunalen Seite gekoppelt. Rechtlich ergibt sich jedoch aus der Förderrichtlinie ein mittelbarer Zwang zum Ausgleich der übrigen 50%..

Das Land gibt vor, dass die Aufgabenträger ihre Verträge mit den Unternehmen ergänzen, um beihilferechtlich eine Grundlage für die Zuschusserhöhung zu schaffen. Wie schon bei der Umsetzung des ÖPNV-Rettungsschirmes in den Nettoverträgen, bedarf es hierzu vertragsrechtlich des Rückgriffs auf die Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB. Um die Förderung des Landes zu erhalten und auskehren zu können, muss also der Aufgabenträger im Vertrag mit dem Verkehrsunternehmen eine Störung der Geschäftsgrundlage wegen des Tarifabschlusses feststellen. Daraus erwächst jedoch ein Anspruch des Unternehmens, dass diese Störung dann nicht nur zur Hälfte, sondern vollständig beseitigt wird. Eine Begrenzung des Ausgleichs der Mehrkosten durch den Tarifabschluss allein auf die Landesmittel dürfte nach Ansicht des VRN rechtlich nicht durchzuhalten sein.

Deshalb empfiehlt der VRN den Aufgabenträgern, die Fördermittel des Landes nur in Anspruch zu nehmen, wenn die kommunale Seite auch bereit ist, die vom Land erwarteten kommunalen 50 % zu finanzieren.

 

Bis auf zwei Linienbündel gibt es im VRN-Gebiet keinen Verkehrsvertrag, der lediglich den finanziellen Verantwortungsbereich eines einzigen Aufgabenträgers betrifft. Daher können die VRN-Mitglieder hier faktisch gegenüber dem Land und den Verbundunternehmen nur gemeinsam handeln. Es ist deshalb vorgesehen, dass der VRN einen gemeinsamen Förderantrag für seine linksrheinischen Mitglieder beim Land stellen soll. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Vertragsabwicklung gegenüber den Unternehmen ohnehin der Vergabestelle des Verkehrsverbundes gemäß § 10 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 6 NVG obliegt.

 

Der VRN hat am 15. Oktober 2021 den aktuellen Finanzierungsanteil des Landkreises Kaiserslautern nach dem Rheinland-Pfalz-Index für dessen Linienbündel mitgeteilt. Demnach betragen die Mehrkosten für die Bündel, an welchen der Landkreis Kaiserslautern beteiligt ist, 314.601,- Euro für das Jahr 2021 (Anlage 1). Durch das im Rheinland-Pfalz-Index entwickelte Verfahren werden die in den Verträgen vereinbarten Zahlungen durch einen speziellen Index an die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht absehbaren Lohnkostensteigerungen angepasst. Mit dieser Unterstützung sollen massive Preissteigerungen für die Fahrgäste vermieden und der klimafreundliche ÖPNV unterstützt werden. So die Erläuterung des Verkehrsministeriums.

 

Der Verbund empfiehlt, für den Haushalt 2022 eine ähnliche Summe in den Haushalt einzuplanen. Die Förderrichtlinie des Landes sieht vor, dass die Förderung der Verkehre bis zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit, längstens jedoch bis zum 30.06.2026 gewährt wird. Die finanziell bedeutenden Linienbündel KL-Nordwest und KL-Südwest werden im Sommer 2025 neu vergeben; das Bündel KL Nord im Sommer 2023.

Mit den künftigen Neuvergaben der Buslinienbündel werden die bisher gefassten Tarifbeschlüsse in die Angebotskalkulation der Bieter eingehen und wären letztlich ebenfalls von den Aufgabenträgern auszugleichen.

 

 

In einer Videokonferenz mit Frau Staatssekretärin Eder am 15.10.2021 haben die betroffenen Kommunen und der Verkehrsverbund VRN das bisherige Verfahren und die mangelhafte Kommunikation scharf kritisiert, aber auch darüber beraten, wie die weitere Vorgehensweise erfolgen kann, auch vor dem Hintergrund des Fristablaufs einer Förderbeantragung beim Land am 31.10.2021.

 

 

Um weitere Arbeitskämpfe und gravierende Busfahrerstreiks zu vermeiden, haben sich die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen dazu verständigt, in ihren kommunalen Gremien eine positive Entscheidung über die 50-prozentige Kostenbeteiligung herbeizuführen. Zur Wahrung der Antragsfrist 31.10.2021, soll die VRN GmbH im Namen der Aufgabenträger  den Sammelantrag für die Verbandsmitglieder beim Land einreichen. Der Antrag soll aber unter den Vorbehalten stehen, dass

 

  1. Das Verkehrsministerium mit der ADD klärt, dass es sich bei dem kommunalen Anteil nicht um eine freiwillige Aufgabe handelt, sondern um den Vollzug einer Pflichtaufgabe, und
  2.  Der Abruf der Fördermittel unter dem Vorbehalt kommunaler Gremienbeschlüsse steht.

 

 

 

Im Haushalt des Jahres 2021 sind keine Mittel für die Zahlung der Mehrkosten des Rheinland-Pfalz-Index vorhanden. Zum Zeitpunkt der damaligen Haushaltsaufstellung bzw. der Beschlussfassung zum Haushalt waren keine Informationen über eine finanzielle Beteiligung der Kommunen am Rheinland-Pfalz-Index bekannt.

Der Mehraufwand im Budget 704 müsste folglich über eine überplanmäßige Ausgabe abgewickelt werden.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

 

  1. Der Kreistag nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die VRN GmbH beauftragt wurde, beim Land den Sammelantrag zum Abruf der Landesmittel zur hälftigen Finanzierung der wirtschaftlichen Folgen aus dem Tarifabschluss VAV vom August 2020 und dem anstehenden Abschluss 2021 bezogen auf die dort ausgehandelten Einmalzahlungen im Namen der rheinland-pfälzischen Verbandsmitglieder zu stellen und in der Abrechnung der Linienbündel mit den Verbundunternehmen den entsprechenden Vollausgleich vorzusehen.

Dies erfolgt unter dem Vorbehalt, dass die zuständigen Gremien die hierzu notwendige kommunale Komplementärfinanzierung bewilligen, und seitens des Landes eine Bestätigung erfolgt, wonach die kommunale Mitfinanzierung als Vollzug der Pflichtaufgabe „ÖPNV“ angesehen wird.

 

 

  1. Der Kreistag beschließt die notwendige Komplementärfinanzierung an den außerordentlichen Mehrkosten beim Personal im Busgewerbe des ÖPNV in Höhe von 50%. Die Förderrichtlinie des Landes sieht vor, dass die Förderung und somit auch Komplementärfinanzierung der Verkehre bis zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit, längstens jedoch bis 30.06.2026 gewährt wird.