Betreff
Besteuerung der öffentlichen Hand - Einführung eines internen Organisations- und Kontrollsystems zur Erfüllung der (neuen) steuerlichen Pflichten -TCMS- Tax Compliance Management System
Vorlage
2725/2022
Aktenzeichen
1.3/lt/6110-Steuern
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

A.           Hintergrund und Anlass

 

Mit Einführung des neuen § 2b UStG wurden die Rechtsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand grundlegend neu geregelt und mit einer optionalen Übergangsfrist bis zwischenzeitlich Ende 2022 versehen. Hintergrund waren die Anforderungen aus dem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuersystem. Der Landkreis Kaiserslautern hat mit der sog. Optionserklärung die Übergangsfrist in Anspruch genommen, so dass bis Ende 2022 noch nach altem Recht verfahren wird. Auf die bisherigen Beschlussvorlagen 0810/2016 und 1971/2020 wird verwiesen.

 

Ab dem Veranlagungsjahr 2023 ist zwingend nach neuem Recht § 2b UStG zu verfahren. Mit der Änderung findet ein grundlegender Paradigmenwechsel der für die Geltung des Umsatzsteuerrechts maßgeblichen Einstufung als Unternehmer statt.

 

Bisher war eine juristische Person des öffentlichen Rechts nur dann Unternehmer, soweit ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes vorlag (Gewinnerzielung, Umsatz über 35.000 € pro Jahr). Für alle übrigen Tätigkeiten war die juristische Person des öffentlichen Rechts (jPöR) kein Unternehmer, daher auch keine Relevanz der Umsatzsteuer.

 

Nach neuem Recht verhält es sich umgekehrt. Eine jPöR gilt grundsätzlich als Unternehmer, nur in bestimmten Ausnahmefällen nicht mehr. Diese Ausnahmefälle sind insbesondere die Ausübung öffentlicher Gewalt (insbesondere hoheitliche Aufgaben), Tätigkeiten unter einer Bagatellgrenze sowie der Leistungsaustausch mit anderen jPöR (z. B. interkommunale Kooperation, aber auch mit dem Land oder mit Kirchen), jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Diese Änderungen führen u. a. dazu, dass

 

·                insbesondere Tätigkeiten im Bereich der sog. Vermögensverwaltung (bisher keine Umsatzsteuer) neu zu prüfen sind;

·                sämtliche Leistungsaustausche auf Basis privatrechtlicher Verträge grundsätzlich immer der Umsatzsteuer unterliegen;

·                letztlich alle Leistungsaustausche mit anderen jPöR steuerlich nach den neuen Regelungen neu zu überprüfen und zu bewerten sind.

 

Unverändert bleiben insbesondere die Steuerbefreiungstatbestände nach § 4 UStG (insbesondere Vermietung/Verpachtung, Leistungen im Bildungsbereich und der Jugendhilfe u. a. m.).

 

B.        Ordnungsgemäße Umsetzung der neuen steuerlichen Pflichten

 

Die Verwaltung wird die notwendigen  Vorbereitungen treffen, um ab  2023 eine ordnungsgemäße Umsetzung der neuen umsatzsteuerlichen Pflichten sicherstellen zu können.

 

Dazu wären die notwendigen organisatorischen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. Ziel ist es, steuerrelevante Sachverhalte zu ermitteln, Erklärungsfristen fristgerecht einzuhalten und ggf. auftretende Fehler aufzuspüren, zu korrigieren und künftig zu vermeiden.

 

Nicht ordnungsgemäße Umsetzungen der steuerlichen Erklärungspflichten treten spätestens im Rahmen einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) zu Tage. Wurden Steuern nicht oder nicht richtig erklärt, führt dies immer zu Steuernachzahlungen; geschah dies fahrlässig, ist schlimmstenfalls mit Strafzahlungen oder strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Nach- und Strafzahlungen können zudem u. U. zu erheblichen außerplanmäßigen Haushaltsbelastungen führen.

 

Um Steuerstrafsachen zu vermeiden und Steuerrisiken zu minimieren gilt es, bis Ende 2022 insbesondere folgende Maßnahmen zu ergreifen:

 

·         Sensibilisierung der von der Neuregelung betroffenen Mitarbeiter/innen der Verwaltung.

·         Etablierung eines lückenlosen Vertragsmanagements.

·                Umsetzung etwaiger notwendiger Anpassungen der Aufbauorganisation (Stellen, Personen, Funktionen, Aufgaben) wie auch der Ablauforganisation (Dienstanweisungen, Zeichnungsberechtigungen u. a. m.).

 

Zur Umsetzung ist beabsichtigt, ein sog. Tax-Compliance-Managementsystem (TCMS) einzuführen. Es handelt sich dabei um ein innerbetriebliches Kontrollsystem, das die bereits vorhandenen Prozesse ergänzt, systematisiert und dokumentiert.

 

Es bietet sich an, ein solches Instrument nicht nur für die Umsatzsteuer, sondern gleichermaßen für alle übrigen Steuerarten einzusetzen, insbesondere für Körperschaftsteuer, Lohn bzw. Einkommensteuer (einschl. geldwerte Vorteile, Dienstwagennutzung usw.), Kapitalertragsteuer und Energie/Stromsteuer. Das TCMS dient nicht zuletzt auch der rechtlichen Absicherung.

 

Nach § 153 AO schützt ein solches innerbetriebliches Kontrollsystem zumindest als Indiz vor dem Vorwurf der Leichtfertigkeit oder des Vorsatzes der Steuerverkürzung bzw. -hinterziehung.

 

Mit der Einführung eines TCMS folgt der Landkreis einer entsprechenden Empfehlung des rheinland-pfälzischen Landkreistages.

 

Ein vom Landkreistag Rheinland-Pfalz mit Sonderrundschreiben vom 18.11.2021 heraus-gegebenes Muster der Einführung eines TCMS in den Kreisverwaltungen in Rheinland-Pfalz ist dieser Beschlussvorlage als Anlage beigefügt. Dieses Muster muss auf die Situation des Landkreises Kaiserslautern noch angepasst werden und dient dann als Grundlage für die weiteren erforderlichen Arbeitsschritte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag nimmt die Ausführungen der Verwaltung zustimmend zur Kenntnis.

 

Der Kreistag unterstützt die Verwaltung bei dem Ziel, die neuen Regelungen zur Umsatzsteuer, genauso wie alle anderen Steuersachen, ordnungsgemäß zu bearbeiten.

 

Die Risikofelder sollen analysiert und darauf aufbauend - soweit notwendig - geeignete organisatorische Maßnahmen zur Minimierung der Risiken ergriffen werden. Die Umsetzung der steuerlichen Neuregelungen und die Einführung eines TCMS können zu einem derzeit noch nicht absehbaren personellen oder finanziellen Mehraufwand führen. Über eventuell benötigte zusätzliche Ressourcen wäre unter Wahrung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen und Zuständigkeiten zu gegebener Zeit zu entscheiden.