Sachverhalt:
Im Jahresbericht 2013 hatte der Rechnungshof Rheinland-Pfalz (LRH) die
Feststellung getroffen, dass ein erheblicher Teil des Straßennetzes im Land
nicht in die zutreffende Straßenklasse eingestuft sei. Dies betraf
Landesstraßen ebenso wie Kreisstraßen.
Der Rechnungshof wies auch auf das sog. „Alsheimer Urteil“ des
Oberverwaltungsgerichtes RLP vom 11.11.2010 hin, wonach es ausreichend sei,
wenn die sog. Hauptortslage über eine klassifizierte Straßenanbindung
(Kreisstraße) an das überörtliche Straßennetz angebunden sei.
Die damit bevorstehende Abstufungswelle von Kreis- zu Gemeindestraßen
hat teils erhebliche Diskussionen im kommunalen Raum ausgelöst, die letztlich
auch zu einer Novellierung des Landesstraßengesetztes (LStrG) im Jahr 2018 geführt
haben. Dabei wurde § 3 Nr. 2 LStrG dahingehend ergänzt, dass nicht nur
Gemeinden, sondern auch räumlich getrennte, im Zusammenhang bebaute Ortsteile
mit einer nicht in ihrer Baulast stehenden Straße (i.d.R. eine Kreisstraße) an
das höherrangige Straßennetz angeschlossen sein müssen.
Der Begriff des räumlich getrennten, im Zusammenhang bebauten Ortsteils
ist dabei im Sinne der §§ 34, 35 Baugesetzbuch zu verstehen. Davon erfasst sei
nach der Gesetzesbegründung jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde,
der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitze und
Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Dafür ließe sich allerdings
keine bestimmte Mindestanzahl an Gebäuden festlegen, maßgebend seien vielmehr
die Umstände des Einzelfalls. Regelmäßig dürften beispielsweise
Splittersiedlungen, Gehöfte und Aussiedlerhöfe keine räumlich getrennten, im
Zusammenhang bebauten Ortsteile im Sinne der neuen Vorschrift sein.
Während die Landkreise und kreisfreien Städte sich bei der Abstufung von
Kreisstraßen weiterhin abwartend verhielten, hat sich das Land Rheinland-Pfalz
der Abstufung von Landesstraßen zu Kreisstraßen in den letzten Jahren verstärkt
angenommen.
Basierend auf den Vorgaben des Landesrechnungshofs hat der Landesbetrieb
Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz in Koblenz das Landesstraßennetz auf
fehlerhafte Einstufungen untersucht. Die Untersuchung erfolgte nach einem
festen Beurteilungssystem unter Anwendung verschiedener Prüfkriterien. Jede
Landesstraße wurde unter Beachtung dieser Systematik beurteilt.
Mit Schreiben vom 16.12.2020 legte das Ministerium für Wirtschaft,
Verkehr, Landewirtschaft und Weinbau (MWVLW) RLP dem Landkreistag eine
Aufstellung der identifizierten abzustufenden Straßenabschnitte vor. Demnach
wären 370,19 km an Landesstraßen abzustufen.
Im Landkreis Kaiserslautern erfüllen die nachfolgend aufgeführten
Straßen bzw. Strecken hinsichtlich ihrer Verkehrsbedeutung und Netzfunktion
nicht die Anforderungen des § 3 LStrG:
Straße |
Ortsbezeichnung
-Abschnitt- |
Priorität |
Länge (km) |
L 358 |
Miesau-Elschbach |
1 |
1,65 |
L 369 |
Eßweiler-Jettenbach-Kollweiler-Schwedelbach (davon
Kreis Kusel 4,79 km / Kreis Kaiserslautern 4,61 km) |
1 |
4,61 |
L 394 |
Neuhemsbach – L 395 |
1 |
3,29 |
L 464 |
Zwischen L 465 und Bruchmühlbach |
2 |
4,53 |
L 500 |
Zwischen B 270 und L 499 Johanniskreuz |
2 |
11,90 |
L 504 |
B 48 über Waldleiningen bis zur L 499 |
1 |
6,27 |
|
Insgesamt |
|
32,25 |
Das Kreisstraßennetz im Landkreis Kaiserslautern würde folglich von
177,57 km um 32,25 km auf 209,82 km anwachsen.
In der Folge ist § 11 Abs. 5 LStrG bei der Abstufung zu beachten.
Demnach hat bei einem Wechsel der Straßenbaulast der bisherige Träger der
Straßenbaulast dafür einzustehen, dass er die Straße in dem für die bisherige
Straßengruppe gebotenen Umfang ordnungsgemäß unterhalten hat. Ist dies nicht
der Fall, sind Maßnahmen zum Ausgleich der sog. „unterlassenen Unterhaltung“
erforderlich. Das LBM wies darauf hin, dass ausdrücklich nur
Unterhaltungsdefizite und keine Ausbaudefizite ausgeglichen werden müssen.
Dieser Ausgleich für unterlassene Unterhaltung kann auf unterschiedliche
Art und Weise erfolgen. Im Wesentlichen finden zwei Vorgehensweisen Anwendung:
1.
Die
Straße wird in ihrem Zustand belassen und es erfolgt eine Ausgleichszahlung vom Land an den Landkreis.
2.
Vor der
Umstufung führt das Land eine Bestandsausbaumaßnahme
durch, so dass beim Wechsel der Straßenbaulast keine Unterhaltungsdefizite mehr
vorhanden sind.
Zur Ermittlung des Ausgleichsbetrages wurden nach Angaben des LBM
Kaiserslautern zwischen dem LBM Koblenz und dem MWVLW Kostensätze je m²
Fahrbahnfläche festgelegt (Anlage 1). Diese Kostensätze wurden
unter Beachtung des tatsächlichen Fahrbahnbestandes den jeweiligen Strecken
zugeordnet und daraus wurde der Ausgleichsbetrag ermittelt.
Diese Berechnungen, letztmals aktualisiert im Oktober 2022, wurden dem
Landkreis Kaiserslautern vorgelegt. Weiterhin Übersichtslagepläne mit Angabe
der Ausgleichsmaßnahmen und Ausgleichszahlungen.
Eine Bestandsausbaumaßnahme wie oben unter Ziff. 2 angeführt ist
lediglich in Teilstrecken bei der L 358 Miesau-Elschbach und der L369
Eßweiler-Schwedelbach vorgesehen.
In einer Besprechung mit dem LBM Koblenz und Kaiserslautern am
20.06.2022 kam man überein, dass wegen dem unterschiedlichen Klärungsbedarf und
dem zeitlichen Ablauf der Bearbeitung eine Priorisierung der abzustufenden
Landesstraßen vorgenommen werden sollte.
In einem ersten Schritt sollen die L 358, L369, L394 und L504, wenn
möglich noch zum 01.01.2023 abgestuft werden. Für diese abzustufenden
Landesstraßen wurden uns vom LBM neben den Übersichtslageplänen auch bereits
die Abstufungsvereinbarungen als Entwurf und die Berechnungstabellen der
Ausgleichszahlungen vorgelegt, die ebenfalls der Beschlussvorlage beigefügt
sind (Anlage 2-5). Diese Straßen wurden in der o. a. Liste mit
Priorität 1 versehen.
Hinsichtlich der Abstufung der L464 und L500 besteht noch Klärungsbedarf
und die angedachten Ausgleichsmaßnahmen müssen noch final mit dem LBM
besprochen werden, so dass hier mit einer Abstufung frühestens zum 01.01.2024
gerechnet wird. Diese Straßen sind mit Priorität 2 gekennzeichnet. Die der
Beschlussvorlage beigefügten Unterlagen beschränken sich daher auf die
Übersichtskarten und die „vorläufigen“ Berechnungstabellen (Anlage
6-7). Abstufungsvereinbarungen wurden bei diesen Straßen noch nicht
entworfen.
Der LBM Kaiserslautern wird die Abstufungspläne in der Kreistagssitzung
vorstellen.
Die Verwaltung wird die Unterlagen zeitnah sichten und auch die
angebotenen Ausgleichszahlungen einer Prüfung auf Angemessenheit unterziehen.
Sobald diese internen Prüfungen erfolgt sind, wird die Verwaltung die Gremien
erneut einbinden und die Abstufungen zur Beschlussfassung vorlegen.
Allerdings teilte uns der LBM Kaiserslautern mit, dass die Sanierung der
L369 noch in 2022 in einem Teilabschnitt (Kollweiler-Kreisgrenze) saniert
werden soll. Von diesem Vorhaben ist auch der Kreis Kusel betroffen, auf dessen
Kreisgebiet die L369 ebenfalls vor der Abstufung steht. Hier schlägt die
Verwaltung vor, dass der Landrat ermächtigt wird, vorbehaltlich der positiven
Prüfung durch die Verwaltung, die Abstufungsvereinbarung für die L369 zu
unterzeichnen.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der LRH derzeit eine
landesweite Prüfung der Erhaltung von Kreisstraßen durchführt. Ein
entsprechender Fragebogen zum Kreisstraßennetz Kaiserslautern wurde in
Zusammenarbeit mit dem LBM Kaiserslautern beantwortet.
Hierbei waren auch solche Kreisstraßen zu benennen, die gemessen an
ihrer tatsächlichen Verkehrsbedeutung abgestuft werden müssten oder im
unmittelbaren Netzzusammenhang mit anderen Kreisstraßen betrachtet nicht
zwingend als Kreisstraßen eingestuft bleiben müssen.
Dem LRH wurde eine Aufstellung am 16.08.2022 zur Verfügung gestellt (Anlage
8). Die Meldung beinhaltet allerdings „lediglich“ die Kreisstraßen bzw.
Streckenabschnitte (insgesamt 9,974 km), die absolut unzweifelhaft keinen
Kreisstraßencharakter haben und zwingend einer Abstufung zugeführt werden
müssen. Sicherlich werden darüber hinaus weitere Kreisstraßen bzw. Abschnitte
in die Abstufungsdiskussion kommen. Der Prüfbericht des Rechnungshofes ist
abzuwarten.
Aber auch unabhängig vom Bericht des LRH werden in Zukunft zwangsläufig
weitere Streckenabschnitte in die Diskussion kommen, insbesondere dadurch, dass
ein Kreisstraßenausbau nur noch dann mit Landesmittel gefördert wird, wenn
zuvor eine Einstufungsprüfung die Erhaltung der Kreisstraße im Sinne des § 3
Nr. 2 LStrG belegt.
Der Landkreis Kaiserslautern wird daher mit dem LBM Kaiserslautern auf
Basis feststehender Kriterien auch ein Abstufungskonzept für die Kreisstraßen
erstellen und zu gegebener Zeit den Kreisgremien vorstellen. Bei der Umsetzung
ist wichtig, ähnlich wie das Land einheitliche Prüfkriterien und
Berechnungsgrößen für die „unterlassene Instandhaltung“ festzulegen um eine
einheitliche Basis zu schaffen und eine Gleichbehandlung der von den
Abstufungen betroffenen kreisangehörigen Kommunen zu gewährleisten.
Beschlussvorschlag:
1.
Der
Kreistag nimmt die Ausführungen und das vom LBM Koblenz / Kaiserslautern
erarbeitete Abstufungskonzept für Landesstraßen im Kreisgebiet Kaiserslautern
zur Kenntnis.
2.
Der
Kreistag stimmt der Abstufungsvereinbarung zur L 369 (Schwedelbach -
Kreisgrenze) - vorbehaltlich der abschließenden positiven Prüfung durch die
Verwaltung - zu und ermächtigt den Landrat die Abstufungsvereinbarung zur L 369
(Schwedelbach - Kreisgrenze) - vorbehaltlich der positiven Prüfung durch die
Verwaltung - zu unterzeichnen.