Betreff
Normenkontrollverfahren gegen das Landesgesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs vom 08.10.2013
Klageerhebung gegen die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen für das Jahr 2014
Vorlage
0611/2015
Aktenzeichen
1.3/lt/11616
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Mit Klageschrift vom 11.04.2014 stellte der Landkreis Südliche Weinstraße beim Verfassungsgerichtshof (VGH) einen Normenkontrollantrag gemäß Art. 130 Abs. 1 Satz 1 und 2 Landesverfassung (LV). Der Normenkontrollantrag wendet sich gegen das am 15.10.2013 verkündete Landesgesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs vom 08.10.2013 in Verbindung mit dem Landeshaushaltsgesetz 2014/2015 mit dem Ziel, die dort getroffene Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs als verfassungswidrig feststellen zu lassen.

Der Landkreis Kaiserslautern schloss sich mit Klageschrift vom 14.04.2014 gemäß § 23 Abs. 5 Landesgesetz über den Verfassungsgerichtshof i. V. m. § 130 Abs. 1 Satz 1 und 2 LV dem Normenkontrollantrag des Landkreises Südliche Weinstraße an. Auf die Beschlussvorlage im Kreistag vom 03.02.2014 wird verwiesen.

 

Mit Schreiben vom 05.05.2015 teilte der Landkreistag Rheinland-Pfalz (LKT) mit, dass in dem anhängigen Normenkontrollverfahren mit einer kurzfristigen Entscheidung des VGH nicht zu rechnen sei. Vielmehr wird dort offenbar die Zulässigkeit der vom Landkreis Südliche Weinstraße und weiteren Kommunen eingereichten Normenkontrollverfahren umfassend geprüft.

Der Präsident des VGH hätte zu erkennen gegeben, dass eine Terminierung in der Angelegenheit erst erfolgt, wenn in Bezug auf die Zulässigkeit eine weiter gehende Meinungsbildung beim VGH erfolgt ist.

 

Bei dieser Ausgangslage stellt sich für die Kläger und Anschlusskläger nunmehr die Frage, ob gegen die Schlüsselzuweisung 2014, die auf Grundlage des mit Normenkontrollantrag angefochtenen Reformgesetzes zum kommunalen Finanzausgleich festgesetzt wurde, vor dem jeweils zuständigen Verwaltungsgericht ebenfalls Klage erhoben werden sollte.

Die Klagefrist für den Landkreis Kaiserslautern läuft am 25.07.2015 ab. Ohne eine fristwahrende Klage könnte für den Fall der Unzulässigkeit der beim VGH vorliegenden Normenkontrollverfahren in der Sache letztlich keine neuerliche Vorlage an den VGH erwirkt werden. Mit der Erhebung der Klage könnte gleichzeitig das Ruhen des Verfahrens mit dem Ziel beantragt werden, die Entscheidung des VGH in dem anhängigen Verfahren abzuwarten.

 

Aus dem Schreiben des Landkreistages vom 15.05.2015 geht weiter hervor:

„... Sobald wir mit hinreichender Sicherheit beurteilen können, welche kommunalen Gebietskörperschaften Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben, würden wir uns mit dem Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur mit dem Ziel einer Erklärung in Verbindung setzen, die -aus Sicht der Landesregierung- alle anderen Kommunen so stellt, als hätten sie eigenständig auf die Gewährung einer aufgabenangemessenen Finanzausstattung über höhere Landeszuweisungen geklagt. Bei der rechtlichen Würdigung einer solchen Erklärung ist allerdings -wie bereits im sog. Neuwieder Verfahren erörtert- zu berücksichtigen, dass etwaige Berichtigungen nur auf der Grundlage der dann vom Gesetzgeber rückwirkend in Kraft zu setzenden Neuregelungen im LFAG bzw. LHG erfolgen können. Wir weisen ferner darauf hin, dass -für den Fall einer Entscheidung des VGH in der Sache- damit gerechnet werden muss, dass der Gesetzgeber aufgefordert würde, Rechtsänderungen mit Wirkung für die Zukunft vorzunehmen, da eine rückwirkende Änderung -insbesondere des Landeshaushaltsgesetzes 2014/2015- wegen dessen bereits erfolgtem Vollzug nicht in Betracht kommt. Unter Umständen wäre also in der Folge die einzulegende Klage mit entsprechenden Folgekosten für den Kläger für erledigt zu erklären ...“

 

Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand ist zu erwarten, dass der Landkreis Südliche Weinstraße Anfechtungsklage gegen den Schlüsselzuweisungsbescheid 2014 erhebt. Eine Beschlussfassung über die Erhebung der Klage ist für die Sitzung des Kreistages Südliche Weinstraße am 06.07.2015 vorgesehen.

 

Sollte der Landkreis Kaiserslautern ein Klageverfahren anstreben, könnte dies unter Umständen mit erheblichen Kosten verbunden sein.

Die Höhe der Gerichtskosten kann allerdings nur schwer abgeschätzt werden. Maßgeblich ist hierbei die Höhe des Streitwertes, den das Gericht festsetzt. Der Streitwert wiederum richtet sich nach dem Klagebegehren des Klägers. Der Landkreis Kaiserslautern müsste in Anlehnung an das Verfahren beim VGH auch hinsichtlich der Klage gegen die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen 2014 auf eine angemessene Finanzausstattung klagen. Die Finanzausstattungsgarantie nach Art. 49 Abs. 6 Landesverfassung (LV) ist nach dem VGH-Urteil vom 14.02.2012 jedenfalls in der Regel dann verletzt, wenn den Kommunen die zur Wahrnehmung eines Minimums freier Aufgaben zwingend erforderliche Mindestfinanzausstattung vorenthalten und so einer sinnvollen Betätigung der Selbstverwaltung die Grundlage entzogen wird. Folglich müsste auf eine finanzielle Abdeckung der pflichtigen Aufgabenbereiche abgestellt werden.

Bei einem vorläufigen Jahresergebnis im Ergebnishaushalt 2014 von ca. -8,5 Mio. € bei einem Anteil von freiwilligen Netto-Leistungen von ca. 1,5 Mio. €, würde beim Landkreis Kaiserslautern das Defizit aus dem pflichtigen Aufgabenbereich ca. 7 Mio. € betragen. Geht man „nur“ von einem Streitwert von 5 Mio. € aus, würde bereits die Einreichung der Klage Gerichtskosten von ca. 60.000 € verursachen, die sich allerdings auf 20.000 € vermindern könnten, wenn es nicht zu einer Entscheidung des Gerichts kommt.

 

Sollte vom Gericht das Ruhen des Verfahrens nicht festgesetzt werden, können sich die Gerichtskosten bei 2. Instanzen bis auf ca. 140.000 € und die eigenen und gegnerischen Anwaltskosten bei 2. Instanzen auf ca. 210.000 € aufsummieren, welche im Falle eines Unterliegens vom Landkreis zu tragen wären.

 

Insgesamt würde das Prozessrisiko damit ca. 350.000 € betragen.

 

 

 

 

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Kreistag beschließt, gegen die Festsetzung der Schlüsselzuweisungen 2014 des Landes Rheinland-Pfalz keine Klage beim Verwaltungsgericht einzureichen.