Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: "Antrag zur Gesundheitssorge von Flüchtlingen und Asylsuchenden"
Vorlage
0621/2015
Aktenzeichen
1.1/cz/11142
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 13.05.2015 ist als Anlage beigefügt.

 

Zu Ziffer 1:

 

Es sollen ausdrücklich auch diejenigen Personen eine Krankenversicherten-Chipkarte erhalten, welche sich seit weniger als 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten. Für diesen Personenkreis verbietet § 2 AsylbLG eine „entsprechende Anwendung“ des SGB XII, weshalb auch bei Ausstellung einer Krankenversicherten-Chipkarte nur Behandlungen von Schmerzzuständen oder akuten Erkrankungen übernommen werden dürften, d. h. die Gesundheitsleistungen blieben auch mit Chipkarte in Qualität und Quantität unverändert. Leistungsart und -höhe müssten durch die Krankenkassen gewährleistet bzw. sichergestellt werden, was nach Auffassung des Landkreistags Rheinland-Pfalz nicht für überprüfbar gehalten wird. Dieser rät deshalb dringend davon ab, die Krankenkosten für den vorgenannten Personenkreis nach § 264 SGB V abzuwickeln.

 

Nach derzeitiger Fassung dieser Vorschrift fallen bei sämtlichen, an eine Krankenkasse zur Abwicklung übertragenen Fällen, Verwaltungskosten von bis zu 5% der abgerechneten Leistungsaufwendungen an, außerdem sind Aufwendungen, die der Krankenkasse nach Abmeldung eines Versicherten durch missbräuchliche Verwendung der Chipkarte entstehen, durch den Sozialhilfeträger zu erstatten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Personen „nach unbekannt“ verziehen bzw. „untertauchen“.

 

Die dem „Bremer Modell“ zugrunde liegende Vereinbarung zur Umsetzung der Leistungserbringung nach § 264 SGB V wurde zwischen der Freien Hansestadt Bremen, dem Magistrat der Stadt Bremerhaven und der AOK Bremen/Bremerhaven, also auf „Landesebene“ eines Stadtstaates, abgeschlossen. In ihrem aktuellen Rundschreiben (Juni 2015) zum Thema Gesundheitsversorgung/Gesundheitskarte für Flüchtlinge schreibt Ministerin Irene Alt: „Die heutige Akutversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist unzureichend und verfassungswidrig. Daher streben wir die flächendeckende Einführung der Gesundheitskarte an und wollen, dass die Versorgung in den Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt - ähnlich wie das heute schon in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg getan wird. Die derzeitige Rechtslage erschwert dies aber in Flächenländern ganz erheblich. Daher verhandeln wir zurzeit mit dem Bund über eine entsprechende Gesetzesänderung.“

 

Unsere Anfrage beim Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen (siehe Anlage 2, Schreiben an Staatsministerin Alt), in welche Richtung sich die Verhandlungen zur Chipkarte zwischen Bund und Ländern entwickeln und ob es in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz aktuell überhaupt möglich bzw. sinnvoll ist, dass einzelne Gebietskörperschaften auf kommunaler Ebene mit den örtlichen gesetzlichen Krankenkassen entsprechende Vereinbarungen abschließen, wurde zur Beantwortung zuständigkeitshalber an das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie weitergeleitet (siehe Anlage 3, Antwortschreiben von Staatsministerin Alt). Von dort liegt noch keine Stellungnahme vor.

 

Aus Sicht der Verwaltung wäre eine bundesgesetzliche Regelung zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung für Asylsuchende und Flüchtlinge sowie ein damit einhergehender Mehrkostenausgleich zu begrüßen. Die Abwicklung über die Krankenkassen würde zu einer Entlastung der kommunalen Sozialverwaltungen und Gesundheitsämter führen. Dennoch sollten die Verhandlungsergebnisse der eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe abgewartet werden, um keine „Insellösungen“ zu schaffen, die durch nachfolgende Gesetzesänderungen wieder korrigiert werden müssten.

 

 

 

Zu Ziffer 2:

 

Ohne entsprechende Gesetzesänderung kann das Gesundheitsamt in Anlehnung an das „Bremer Modell“ nicht tätig werden. Die Behörde ist zudem keine politische Instanz, der es zukommt, Sozialleistungen „weiter zu entwickeln“ oder zu verändern. Vielmehr ist das Gesundheitsamt gehalten, Behandlungen von Asylbegehrenden und Flüchtlingen unter Beachtung der gültigen Gesetzeslage zu bewilligen.

 

Nach verbindlicher Einführung der Gesundheitskarte wäre es grundsätzlich denkbar, unter Federführung des Gesundheitsamtes eine „Gesundheitskonferenz“ als Informations- und Netzwerksplattform zu etablieren.

 

Beschlussvorschlag:

 

Dem Beschlussvorschlag zu Ziffern 1 und 2 wird nicht zugestimmt.