Sachverhalt:
I.
Kreisumlagesatz 2015
Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 01.12.2014 den Kreisumlagesatz
2015, wie im Vorjahr 2014, auf 41,8% festgesetzt. Gegen den auf dieser
Grundlage beschlossenen Kreishaushalt 2015 hatte die Aufsichts- und
Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier Bedenken wegen Rechtsverletzung geltend
gemacht und am 16.04.2015 einen Bericht zur Aufklärung verlangt. Insbesondere
hatte die ADD Trier in der Haushaltsverfügung 2014 folgende Erwartung an die
Organe des Landkreises Kaiserslautern gerichtet, die sie mit der vorgelegten
Haushaltssatzung nicht erfüllt sah:
Auszug aus der Haushaltsverfügung vom 07.04.2014 (Seite 40):
„... gehe ich davon aus, dass die
Organe des Landkreises ihrer Verantwortung gerecht werden und der Einsicht in
die Notwendigkeit folgend, für das Haushaltsjahr 2015 mindestens die Anhebung
des Hebesatzes der Kreisumlage auf den rheinland-pfälzischen Durchschnitt und
zusätzliche Haushaltsverbesserungsmaßnahmen i.H.v. 500.000 € beschließen
werden...“
Der landesdurchschnittliche Kreisumlagehebesatz betrug für 2014 43,32%.
Der nach dem Vertrag zum kommunalen Entschuldungsfonds (KEF-RP)
vereinbarte Kreisumlagesatz hätte 42,25% betragen müssen.
Unter Einschaltung des Ministeriums des Innern, für Sport und
Infrastruktur (ISIM) wurde ein Lösungsvorschlag erarbeitet, der die Anhebung
der Kreisumlage auf 42,25% und eine Verminderung des Jahresfehlbetrages im
Ergebnishaushalt 2015 im laufenden Haushaltsvollzug um 1,25 Mio. € vorsah.
Der Kreistag hat diesem Lösungsvorschlag am 04.05.2015 zugestimmt.
Der Haushalt des Landkreises Kaiserslautern wurde am 10.07.2015
genehmigt.
II.
Kreisumlagesatz 2016 nach den Forderungen /
Erwartungen der ADD Trier
Die ADD Trier stellte mit der Haushaltsverfügung vom 10.07.2015 abermals
Erwartungen an die Gestaltung des Kreisumlagesatzes für das Haushaltsjahr 2016
und an weitere nachhaltige Haushaltsverbesserungen.
Auszug aus der Haushaltsverfügung vom 10.07.2015 (S. 46):
„... Um das o.g. Ziel im
Haushaltsjahr 2016 erreichen zu können, gehe ich davon aus, dass die Organe des
Landkreises ihrer Verantwortung gerecht werden und, der Einsicht in die
Notwendigkeit folgend, für das Haushaltsjahr 2016 mindestens die Anhebung des
Hebesatzes der Kreisumlage auf den rheinland-pfälzischen Durchschnitt (rd. 43,6
v.H.) und zusätzliche nachhaltige und zu beziffernde Haushaltsverbesserungsmaßnahmen
i. H. v. 650.000 € beschließen werden. Wie bereits unter Ziffer 6.1.3
dargelegt, sollte für das Haushaltsjahr 2016 in Erwägung gezogen werden, die
den kreisangehörigen Kommunen ausbezahlten Erträge aus der Erhöhung des
kommunalen Umsatzsteueranteils über die Kreisumlage oder anderweitig
entsprechend auszuschöpfen. Dies könnte einen wertvollen Beitrag zu den
zusätzlichen Konsolidierungsforderungen i.H.v. 650.000 € darstellen...“
Wie im Rahmen der Haushaltsplanung 2014 dargelegt, handelt es sich bei
der Erhöhung des kommunalen Umsatzsteueranteils aus der „Vorab-Milliarde“ um
einen Betrag von ca. 265.000 €. Dieser Betrag entspricht ca. 0,25
Kreisumlagepunkte.
Weiterhin wird auf folgende Passage der Haushaltsverfügung 2015
hingewiesen:
Seite 24: „...So bleibt festzustellen,
dass die Haltung der Organe des Landkreises, sich weiteren Anhebungen der
Kreisumlage zu verschließen, dazu beitragen wird, dass die Schulden des
Landkreises weiter wachsen werden und nachfolgende Generationen hierdurch
nachhaltig belastet werden. Erst mit Nachdruck und unter Androhung
aufsichtsbehördlicher Mittel hatte man sich dazu bereit erklärt, den im KEF-RP
vertraglich vereinbarten Hebesatz zu beschließen. Die Haushaltssituation des
Landkreises Kaiserslautern stellt einen eklatanten Verstoß gegen das
gesetzliche Haushaltsausgleichsgebot und gegen das gesetzliche
Überschuldungsverbot dar und wird in Zukunft nicht ungeahndet bleiben...“
Hinsichtlich der Verpflichtungen des Landkreises Kaiserslautern aus dem
KEF-RP und der Konsequenzen bei Nichterfüllung macht die ADD Trier insbesondere
Ausführungen auf Seite 8 ff, 39 (Ziff. 11), 43 ff und 46 der Haushaltsverfügung
2015. Weiterhin verweist sie auf die Ausführungen in der Haushaltsverfügung
2014.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass von der Erfüllung der
Verpflichtungen aus dem KEF-RP dann ausgegangen werden kann, wenn sowohl der
vereinbarte Konsolidierungsbeitrag im Rahmen des KEF-RP erbracht, als auch den
Konsolidierungsforderungen der Aufsichtsbehörde im Rahmen der allgemeinen
Haushaltsaufsicht nachgekommen wurde.
Auf Seite 9 der Haushaltsverfügung 2015 führt die ADD Trier Folgendes
an:
„...Festzustellen ist jedoch, dass die für
dieses Jahr vorgesehene Anhebung des Hebesatzes zur Kreisumlage auf einen
Umlagehebesatz von 42,25 v.H. zunächst ausgeblieben ist. Erst nach lang
anhaltenden Verhandlungen zwischen dem Landkreis Kaiserslautern, dem ISIM und
der Kommunalaufsichtsbehörde haben die Organe des Landkreises Kaiserslautern
der vertraglich vereinbarten Höhe des Kreisumlagehebesatzes zugestimmt. Ferner
ist festzuhalten, dass der Landkreis Kaiserslautern nur schwer nachweisen
können wird, dass die Begründung neuer Verbindlichkeiten aus der Aufnahme von
Liquiditätskrediten mit einem weit unter dem rheinland-pfälzischen Durchschnitt
liegenden Kreisumlagehebesatz wenigstens im möglichen Umfang vermindert wurde.
Derzeit lässt die Haltung der Organe des Landkreises daher nicht die Einsicht
in die Notwendigkeit der Erfüllung der haushaltsrechtlichen Verpflichtungen,
die sich nur aus der Teilnahme am KEF-RP ergeben, erkennen. Der Nachweis, dass
alles unternommen wurde, um die Neuaufnahme von Krediten zur
Liquiditätssicherung im möglichen Umfang zu reduzieren, wird, auch im Hinblick
auf die Nichterfüllung der aufsichtsbehördlichen Erwartungen aus der
letztjährigen Haushaltsverfügung, mit den eingereichten Haushaltsunterlagen schwer
möglich sein...“
Sollte der Landkreis Kaiserslautern den oben dargestellten
aufsichtsbehördlichen Erwartungen der ADD Trier nicht nachkommen, muss die
Kündigung bzw. Aussetzung des KEF-Vertrages durch das Land und eine
Rückforderung des Landes bereits ausgezahlter Entschuldungshilfen gem. § 4 des
KEF-Vertrages befürchtet werden.
III.
Aktuelle Rechtsprechung
Urteil des
Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz vom 21.02.2014 im Kreisumlageverfahren der Ortsgemeinde Malbergweich
gegen den Eifelkreis Bitburg-Prüm.
Von Bedeutung insbesondere folgende Ausführung im Leitsatz 3 des
Urteils:
Bei der Beantwortung der Frage, ob eine
Kreisumlage allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umlagen gegen den in Art.
28. Abs. 2 GG garantierten Anspruch einer Gemeinde auf finanzielle Mindestausstattung
auf Dauer verstößt, ist auf einen Zehnjahreszeitraum abzustellen.
Auszug aus den Entscheidungsgründen (Seite 21, Ziff. 3)
„...Nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts müssen den Gemeinden mindestens so große
Finanzmittel zustehen, dass sie ihre pflichtigen (Fremd- wie
Selbstverwaltungs-)Aufgaben ohne (nicht nur vorübergehende) Kreditaufnahme
erfüllen können und darüber hinaus noch über eine „freie Spitze“ verfügen, um
zusätzliche freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben in einem bescheidenen, aber
noch merklichen Umfang wahrzunehmen... Diesen Kernbereich der kommunalen
Selbstverwaltung haben die Landkreise auch im Verhältnis zu den
kreisangehörigen Gemeinden und damit bei der Erhebung der Kreisumlage zu
beachten...“
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) vom 16.06.2015 zur
kommunalaufsichtlichen Anweisung zur Erhöhung der Kreisumlage (im Bundesland
Hessen).
Von Bedeutung insbesondere der Leitsatz 3 des Urteils:
Eine aufsichtsbehördliche Anweisung zur
Festlegung eines bestimmten Kreisumlagesatzes muss ausreichend Rücksicht auf
den Finanzbedarf der kreisangehörigen Gemeinden nehmen.
Auszug aus der Urteilsbegründung (Seite 10, Ziff. 28)
„...Hiernach darf der Kreis
seine eigenen Aufgaben nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber denjenigen
der kreisangehörigen Gemeinden durchsetzen. Dies folgt aus dem in Art. 28 Abs.
2 GG angelegten Grundsatz des Gleichrangs des Finanzbedarfes eines jeden
Verwaltungsträgers im kreiskommunalen Raum. Neben dem Gebot der interkommunalen
Gleichbehandlung der kreisangehörigen Gemeinden, dem Verbot der Einebnung von
Steuerkraftunterschieden zwischen den Gemeinden und der Achtung der
verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine eigene gemeindliche
Steuerhoheit hat der umlageerhebende Kreis auch zu gewährleisten, dass die
durch Art. 28 Abs. 2 GG gebotene finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden
nicht unterschritten wird. Die Garantie des Kerngehalts der kommunalen
Selbstverwaltung der Gemeinden zieht der Kreisumlageerhebung eine absolute Grenze
dort, wo sie zu einer strukturell unzureichenden Finanzausstattung der
kreisangehörigen Gemeinden führen und ihnen dadurch die Möglichkeit zu einem
eigenständigen und eigenverantwortlichen Handeln nehmen würde...Vielmehr muss
sich der Kreis bei unzureichender eigener Finanzausstattung seinerseits an das
Land (den Landesgesetzgeber) halten und kann seine Finanznot nicht auf die
kreisangehörigen Gemeinden abwälzen...“
Weiter Seite 17, Ziff. 41:
„... Legt der Kreis selbst den
Kreisumlagesatz fest, so ist er verpflichtet, den eigenen Finanzbedarf und
denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine
Entscheidungen in geeigneter Form offen zu legen, um den Gemeinden und
gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen...“
Seite 17, Ziff. 42:
„...Weist die
Kommunalaufsicht den Kreis zu einer konkret bemessenen Umlageerhöhung an und
hat der Kreis bislang keine hinreichenden eigenen Ermittlungen zum Finanzbedarf
aller betroffenen kommunalen Träger durchgeführt, dann muss sie ihrerseits
gewährleisten, dass der angewiesene Umlagesatz auf ausreichende Feststellungen
gestützt werden kann... Dies schließt allerdings nicht aus, dass die
Aufsichtsbehörde die zur Festlegung des Umlagesatzes erforderlichen
Ermittlungen anders führt als der Kreis bei eigenem Handeln...“
Im Landkreis Kaiserslautern sind folgende Ortsgemeinden seit Einführung der Doppik nachhaltig strukturell unterfinanziert (negative „freie Finanzspitze“):
Bruchmühlbach-Miesau (seit 2007), Frankenstein, Hirschhorn, Hochspeyer, Mehlbach und Waldleiningen (alle seit 2008).
Darüber hinaus weisen die Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau und die Ortsgemeinden Krickenbach, Olsbrücken, Stelzenberg und Trippstadt seit 2009 durchweg negative „freie Finanzspitzen“ aus.
Anmerkung: Die Berechnungen der „freien Finanzspitze“ basieren großteils auf vorläufigen, noch nicht festgestellten Jahresergebnissen.
Beschlussvorschlag:
Alternativ:
1. Der Kreisumlagesatz für das Haushaltsjahr 2016 wird entsprechend den
Erwartungen der ADD Trier auf den rheinland-pfälzischen Landesdurchschnitt von
43,5% festgesetzt.
oder
2. Zur Abschöpfung des erhöhten kommunalen Umsatzsteueranteils aus der
„Vorab-Milliarde“ wird auf den rheinland-pfälzischen Landesdurchschnitt von
43,5% eine lineare Erhöhung um 0,25% vorgenommen und der Kreisumlagesatz des
Landkreises Kaiserslautern auf 43,75% festgesetzt.
oder
3. Der Kreisumlagesatz wird, wie im Vorjahr, auf 42,25% festgesetzt.