Betreff
Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms IV Rheinland-Pfalz; hier: erneute Beteiligung nach § 8 Landesplanungsgesetz
Vorlage
0203/2012
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Nach Auswertung der im Beteiligungsverfahren im Frühjahr dieses Jahres eingegangenen Stellungnahmen, Bedenken und Anregungen (der Kreistag hatte in seiner Sitzung am 23.04.2012 Stellung genommen) hat die Landesregierung mit Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung vom 08.10.2012 ein nochmaliges  Beteiligungs- und Anhörungsverfahren gemäß § 8 Landesplanungsgesetz (LPIG) zum überarbeiteten Entwurf der ersten Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Rheinland-Pfalz (LEP IV) einschließlich des Entwurfs der Strategischen Umweltprüfung eingeleitet.

 

Nach Auswertung der in dieser (verkürzten) Anhörung der Fachbehörden, Kommunen und Verbände sowie der allgemeinen Öffentlichkeit eingehenden Stellungnahmen sowie nach  Beteiligung des Kommunalen Rates und des zuständigen Landtagsausschusses wird die Landesregierung – voraussichtlich im Frühjahr 2013 – die Teilfortschreibung endgültig im Kabinett verabschieden.

 

Zur Erinnerung: Gegenstand der Fortschreibung (Anlage 1) sind nach wie vor die Themen „Erneuerbare Energien“ und „Klimaschutz“. Hierzu sollen das bisherige Leitbild „Nachhaltige Energieversorgung" (auf den Seiten 157/158 des bisherigen LEP IV), sowie Ziele und Grundsätze des Kapitels 5.2.1 „Erneuerbare Energien" (Seiten 158-163) überarbeitet bzw. geändert und ergänzt werden.

 

Ein inhaltlicher Vergleich der überarbeiteten Fassung des Verordnungsentwurfs vom 25. August 2012 gegenüber der Fassung der ersten Beteiligung vom 24. Januar 2012 ist in beiliegender Synopse (Anlage 2) dargestellt.

 

 

1. Leitbild zu Kapitel 5.2 „Energieversorgung"

 

Die Neufassung dieses Leitbildes ist gegenüber der ersten Beteiligungsfassung unverändert, d.h. es gilt weiterhin das in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthaltene Postulat, „bis 2030 bilanziell den verbrauchten Strom zu 100 % aus erneuerbaren Energien zu gewinnen“.

 

Bereits bis zum Jahre 2020 soll sich

-      die Stromerzeugung aus Windkraft verfünffachen, und

-      der Beitrag aus der Fotovoltaik auf über 2 Terawattstunden gesteigert werden.

 

 

2. Klimaschutzkonzepte

 

Nach dem neuen Grundsatz G 162a a. F. sollen die Verbandsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden, die großen kreisangehörigen und die kreisfreien Städte Klimaschutzkonzepte aufstellen. Diese dienen dazu, die räumlichen Nutzungskonzepte der Planungsgemeinschaften zu ergänzen.

 

In der überarbeiteten Begründung zur Fortschreibung wird nunmehr aufgeführt, dass diese Aufgabe auch durch entsprechende Konzepte auf Kreisebene abgedeckt werden können, sofern dabei Aussagen zu einzelnen Gemeinden getroffen werden.

 

Insoweit wurde der Forderung des Kreistages gemäß seinem Beschluss vom 23.04.2012 gefolgt.

 

 

3. Windenergie

 

Nach dem bisherigen Grundsatz G 163 des rechtsverbindlichen LEP IV soll eine geordnete Entwicklung der Windenergienutzung dreifach gestuft über die regionale oder bauleitplanerische Ausweisung von

-       Vorranggebieten,

-       Vorbehaltsgebieten und

-       Ausschlussgebieten

sichergestellt werden.

 

Es ist nunmehr vorgesehen, diesen methodischen Grundsatz der Flächenausweisung durch verbindliche Vorgaben des Landes in Form von drei neuen Zielen (Z), nämlich Z 163 b, Z 163 d und 163 e abzulösen bzw. durch fünf neue Grundsätze, nämlich G 163, 163a bis c und G 163 f, zu modifizieren.

 

Einzelne Ziele wurden dabei zu Grundsätzen „herabgestuft“. Dies ist insofern von Bedeutung, als Ziele gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG (Raumordnungsgesetz) verbindliche Vorgaben für die nachfolgenden Planungsebenen darstellen, während Grundsätze gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG der planerischen Abwägung zugänglich sind.

 

·                Nach G 163 (im ersten Entwurf Z 163) sollen Regional- und Bauleitplanung einen geordneten Ausbau der Windenergie sicherstellen. Das bisherige Ziel ist damit zu einem Grundsatz „abgeschwächt“ worden. Eine Begründung hierfür liefert der Verordnungsentwurf nicht, vermutlich soll aber vermieden werden, dass durch die Vorgabe eines Ziels eine Planungspflicht ausgelöst wird.

 

·                Ebenfalls abgeschwächt in einen Grundsatz G 163 a wird das im Entwurf vom Januar 2012 enthaltene Ziel Z 163a, mindestens 2 % der Landesfläche für die Windenergienutzung bereitzustellen. Eine Zielvorgabe sei nur dann rechtsverbindlich, so das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung, wenn jede Region bzw. jede Gemeinde verpflichtet worden wäre, das Zwei-Prozent-Ziel zu erfüllen. Dies sei aber mit Blick auf die unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten nicht sachgerecht. Die Regionen des Landes sollen einen ihren natürlichen Voraussetzungen entsprechenden anteiligen Beitrag leisten.

 

·                Gemäß dem weiterhin unter Z 163 b geführten Ziel hat die Regionalplanung lediglich Vorranggebiete für die Nutzung mit Windenergie auszuweisen. Zur Erinnerung: Damit entfällt die bisherige regionalplanerische Kategorie der ausschlussfreien Gebiete (sog. AfG´s) bzw. der Vorbehaltsgebiete.

 

·                Aus dem Ziel Z 163 des Vorgängerentwurfs wurde zusätzlich in Z 163b der weitere Auftrag an die Regionalplanung übernommen, prioritär Gebiete mit hoher Windhöffigkeit zu sichern. In der Begründung/Erläuterung ist nunmehr ein Hinweis enthalten, was unter „Windhöffigkeit“ zu verstehen ist. Zwar könne sie nicht abschließend definiert werden, da aufgrund der technischen Entwicklung und der verschiedenen Anlagentypen unterschiedliche Windhöffigkeiten für einen wirtschaftlichen Betrieb ausreichen könnten. In der Regel sei aber bei einer durchschnittlichen Jahresgeschwindigkeit von 5,8 bis 6,0 m/sek in 100 m Höhe über dem Grund Windhöffigkeit anzunehmen.

 

·                Reduziert in einen Grundsatz G 163 c wurde auch das im Vorgängerentwurf enthaltene Ziel Z 163 c, mindestens zwei Prozent der Fläche des Waldes für die Windenergienutzung bereitzustellen. Neu dagegen ist, dass hierfür die Regionen einen gemäß ihren natürlichen Voraussetzungen anteiligen Beitrag zu leisten haben. Zudem sollen alte Laubholzbestände von der Nutzung mit Windenergie freigehalten werden. Ein Laubholzbestand ist ab einem Alter von 120 Jahren als „alt“ anzusehen.

 

-      Gemäß Ziel 163 d ist wie bisher die Errichtung von Windenergieanlagen ausgeschlossen in

-    Naturschutzgebieten,

-    als Naturschutzgebieten vorgesehenen Gebieten, für die nach § 24 Landesnaturschutzgesetz eine einstweilige Sicherstellung erfolgt ist,

-    den Kernzonen der Biosphärenreservate,

-    Nationalparken und

-    den Kernzonen der Welterbegebiete Oberes Mittelrheintal sowie Obergermanisch-Raetischer Limes.

 

Im Unterschied zum Vorgängerentwurf fehlt in der Begründung/Erläuterung zu Z 163d der klarstellende Hinweis, dass der Ausschluss Aufgabe der Regionalplanung ist.

 

Als neue Ausschlussflächen eingeführt werden:

-    die Kernzonen des Naturparks Pfälzerwald (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung über den „Naturpark Pfälzerwald" als deutscher Teil des Biosphärenreservates Pfälzerwald-Nordvogesen). Sie sind in der neuen Karte 20 zeichnerisch dargestellt.

-    Weiter haben die Planungsgemeinschaften (jetzt unmittelbar in Z 163d erwähnt) künftig Flächen innerhalb bedeutsamer historischer Kulturlandschaften zu konkretisieren, die von der Nutzung mit Windenergie freizuhalten sind. Diese Kulturlandschaften ergeben sich ebenfalls aus der neuen Karte 20. Zu den zu konkretisierenden Kulturlandschaften gehört schließlich ein Korridor von maximal 6 km Tiefe in den sich westlich an den Haardtrand anschließenden Höhenzügen des Pfälzerwalds (Karte 20 c).

 

Wie bisher gelten FFH- und Vogelschutzgebiete (Natura 2000-Gebiete) als verfügbar, sofern die Windenergienutzung nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des jeweiligen Schutzzwecks führt und eine Ausnahme nicht erteilt werden kann. Gleiches gilt auch für die Kernzonen der Naturparke (ausgenommen im Naturpark  Pfälzerwald - siehe oben), für die „Rahmenbereiche“ (bisher: „Pufferzonen“) der ausgewiesenen Welterbegebiete sowie für die Pflegezonen des Naturparks Pfälzerwald.

 

Die Pflegezonen des Naturparks Pfälzewald im Sinne der Landesverordnung (siehe Karte 20) stehen demnach einer Ausweisung von Windenergiestandorten nur entgegen, soweit diese nicht mit dem Schutzzweck gemäß § 4 der Landesverordnung vereinbar sind.

 

Gebietsteile des Pfälzerwaldes, die entsprechend der Naturparkverordnung nicht als Kernzone bzw. Pflegezone ausgewiesen sind, stehen folglich gemäß den Landesvorgaben grundsätzlich für die Windenergienutzung zu Verfügung.

 

Mit dieser gestuften Regelung wird einer zentralen Forderung des Kreistages in seiner Stellungnahme vom 23.04.2012, den gesamten Naturpark Pfälzerwald von der Windenergienutzung auszunehmen, nicht entsprochen.

 

In Vorranggebieten für andere Nutzungen und in sonstigen, durch Zielvorgaben geschützten Gebieten, ist die Errichtung von Windenergieanlagen zulässig, falls eine Vereinbarkeit mit dem jeweiligen Schutzzweck besteht. Aus der Begründung/ Erläuterung zu Z 163d ergibt sich, dass Vorrangausweisungen zugunsten der Land- und Forstwirtschaft bzw. zugunsten des Rohstoffabbaus der Windenergie regelmäßig nicht entgegenstehen.

 

-      Flächen außerhalb von regionalplanerischen Vorranggebieten und mit dem LEP IV abschließend festgelegten Ausschlussgebieten bleiben weiterhin der alleinigen Steuerung durch die kommunale Bauleitplanung in Form von Konzentrationsflächen vorbehalten (diese Zielaussage ist von Z 163 d im Vorgängerentwurf nach Z 163 e „gewandert"). Auch die Bauleitplanung hat prioritär Gebiete mit hoher Windhöffigkeit zu sichern (Z 163 e).

 

-      Neu ist allerdings Grundsatz G163f, wonach durch die Konzentrationsflächen eine Bündelung der Netzinfrastruktur erreicht werden soll. Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise für die regionalplanerische Darstellung von  Vorrangflächen. Ferner sollen  lt. diesem Grundsatz einzelne Windenergieanlagen nur noch auf solchen Flächen errichtet werden, auf denen der Zubau weiterer Anlagen planungsrechtlich möglich ist. Anliegen der Landesregierung ist es offenbar, eine „Verspargelung" der Landschaft zu vermeiden.

 

Damit wird der Forderung des Kreistages bezüglich der Konzentration der Windkraftanlagen zwar gefolgt, allerdings ist die Fassung als Grundsatz, und damit mangels  klarstellender Regelungen vermutlich ohne Steuerungswirkung.

 

 

4. Fotovoltaik

 

Wie bisher sollen lt. Grundsatz G 166 die Errichtung von Fotovoltaikanlagen, die ihrerseits von baulichen Anlagen unabhängig sind, flächenschonend insbesondere auf zivilen und militärischen Konversionsflächen sowie auf ertragsschwachen und auf - gegenüber dem Vorgängerentwurf neu - artenarmen bzw. vorbelasteten Acker- und Grünlandflächen errichtet werden).

 

Diesem Grundsatz wurde bereits seitens des Kreistages zum Vorgängerentwurf zugestimmt. Gleichermaßen sollten jedoch andere energieeffiziente Technologien, deren Erprobung und bei Bewährung deren Anwendung gefördert werden.

 

 

5. Strategische Umweltprüfung (SUP)

 

In dem zum Teil ebenfalls überarbeiteten Entwurf einer Strategischen Umweltprüfung zu dem Entwurf der Teilfortschreibung des LEP IV bleibt die Landesregierung bei ihrer Aussage, dass die Teilfortschreibung die Windenergienutzung fördert und zu einer Reduzierung des Treibhausgaseffektes beiträgt. Damit verbunden seien allerdings lokal bis regional bedeutsame Umweltauswirkungen. „Um bei gesamträumlicher Betrachtung eine weitergehende Minimierung der raumbezogenen Umweltauswirkungen zu erreichen, wird künftig der räumlichen Steuerung der Windenergienutzung auf regionaler und kommunaler Ebene eine erhöhte Bedeutung zukommen" (S. 24 des Ent­wurfs der SUP). Inwieweit dieses Postulat mit den vorstehenden Regelungen tatsächlich eingelöst werden kann, bleibt allerdings abzuwarten.

 

 

Nach Durchsicht und Auswertung des zweiten Anhörungsentwurfs schlägt die Verwaltung vor, die nachstehenden Punkte entsprechend dem Beschluss des Kreistags vom 23.04.2012 unverändert aufrecht zu erhalten:

 

1.         Das neue Leitbild des LEP IV zu den erneuerbaren Energien wird begrüßt und unterstützt. Eine Klarstellung dahingehend wird gefordert, dass der Kreistag die Festlegung auf eine Verfünffachung aus Windkraft und eine Fotovoltaikleistung von 2 Terrawattstunden bis zum Jahr 2020 nur unterstützt, wenn andere Energieformen gleichermaßen gefördert werden und eine Konzentration auf Windkraft (Befürchtung der Zerspargelung von Waldgebieten) bzw. Fotovoltaik (überdimensionale Großanlagen) unterbleibt.

2.         Zur Umsetzung dieses Leitbildes wird der Grundsatz G 163 a (2% der Landesfläche für Windenergienutzung) als geeignetes Instrument angesehen.

3.         Der Kreistag spricht weiterhin sich gegen die Errichtung von WEA im gesamten Naturpark Pfälzerwald aus und begründet dies damit, dass ganz erheblicher Waldeinschlag nicht nur für den Standort selbst, sondern aus technischen Gründen auch für die Baulogistik (Materialtransport, Baukräne etc.) unvermeidlich sein wird. Erhebliche Auswirkungen auf die Erholungsfunktion unserer Wälder können die Folge sein.

4.         Aussagen zu den räumlichen Auswirkungen des erforderlichen Ausbaues der Energienetze und den Bedingungen für eine raum- und landschaftsverträgliche Umsetzung bleiben im vorliegenden LEP IV-Entwurf gänzlich unerwähnt.

Der Kreistag hält es für notwendig, dass im LEP IV landesplanerische Aussagen zu dieser für die Energiewende und die Regionalentwicklung hoch bedeutsamen Thematik ergänzt werden.

5.         Dem Grundsatz G 166 für den Ausbau der Fotovoltaik wird zugestimmt. Gleichermaßen sind andere energieeffiziente Technologien, deren Erprobung und bei Bewährung deren Anwendung zu fördern.

 

 

 

 

Beschlussvorschlag Kreisausschuss:

 

Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag, die von der Verwaltung vorgeschlagene Stellungnahme zum neuen Entwurf der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) zu beschließen und die Verwaltung mit der Weiterleitung an die Oberste Landesplanungsbehörde zu beauftragen.

 

 

 

Beschlussvorschlag Kreistag:

 

Der Kreistag beschließt die von der Verwaltung vorgeschlagene Stellungnahme zum neuen Entwurf der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) und beauftragt .die Verwaltung mit der Weiterleitung an die Oberste Landesplanungsbehörde.