Betreff
Jahresabschlussarbeiten 2021: Teilhaushalt 12 / Jugend
1. Bildung von Rückstellungen gem. § 36 GemHVO im Bereich Produkt 3650 / Kindertagesstätten
2. Erhöhung der Pauschalwertberichtigung im Jahresabschluss 2021 zur Abdeckung des erhöhten Ausfallrisikos im Bereich Produkt 3410 / Unterhaltsvorschussleistungen
Vorlage
3270/2023
Aktenzeichen
1.3/lt/11613
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

1.         Bildung von Rückstellungen

 

Aufgrund der fehlenden Rahmenvereinbarung gem. § 5 Abs. 2 S. 2 des neuen Landesgesetzes über die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagesspflege (KiTaG) ist die Bildung von Rückstellungen in Höhe von 4.000.000 € bei dem Erfolgskonto

 

a)    36503-541431 / Zuwendungen Kindertagesstätten kommunaler Träger in Höhe von  

2.500.000 € und bei

b)    36503-541591 / Zuwendungen Kindertagesstätten freier Träger in Höhe von

1.500.000 €

 

vorgesehen. Eine Abrechnung der Personalkosten für das 2. Halbjahr 2021 konnte wegen der noch fehlenden Rahmenvereinbarung bisher noch nicht durchgeführt werden. Zudem konnten aufgrund der verspäteten Vorlage von 6 Verwendungsnachweisen durch die Träger, diese Einrichtungen für das 1. Halbjahr 2021 nicht mehr in 2021 abgerechnet werden. Um trotz der noch nicht abgeschlossenen Rahmenvereinbarung ausreichende Haushaltsmittel für die Abrechnung dieser ca. 76 Abrechnungsfälle zur Verfügung zu haben und diese auch periodisch korrekt dem Haushaltsjahr 2021 zuordnen zu können, empfiehlt die Verwaltung die Bildung von Rückstellungen in der oben genannten Höhe im Haushaltsjahr 2021.

 

Zur bisherigen zeitlichen Abfolge:

Bereits mit einem gemeinsamen Schreiben vom 28.09.2020 hatte die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände bestehend aus dem Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz, dem Landkreistag Rheinland-Pfalz und dem Städtetag Rheinland-Pfalz empfohlen, für die Zeit ab dem Inkrafttreten des neuen Landesgesetzes über die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagesspflege (KiTaG)  zum 01.07.2021 bis zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung nach § 5 Abs. 2 des KiTaG mit den Vertretungen der Freien Träger keine lokalen Vereinbarungen über die Finanzierung abzuschließen.

 

In der konstituierenden Sitzung am 01.03.2021 hat die Arbeitsgemeinschaft den Vertretungen der Freien Träger angeboten, eine Übergangsvereinbarung abzuschließen, um den Übergang in das neue Recht bis zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zu gestalten. Dieser Vorschlag wurde zunächst von den Trägervertretern ausdrücklich abgelehnt. Die Vertretungen der Freien Träger hatten erklärt, dass sie die Betriebserlaubnisse der Kindertagesstätten vor dem Vorliegen eines Rahmenvertrages nicht erneuern lassen. Dieser Umstand hätte jedoch in der Konsequenz dazu geführt, dass die Kindertagesstätten der Freien Träger zwar weiter betrieben werden dürfen (die bestehende Erlaubnis hätte fortbestanden), es allerdings keine Möglichkeit gegeben hätte, eine Landesförderung (Personalkostenzuschüsse) zu erhalten. 

In einem Gespräch mit den Vertretungen der Freien Träger am 23.04.2021 sprachen sich die Verhandlungsführenden der Freien Träger nun doch für die von den kommunalen Spitzenverbänden vorgeschlagene Übergangslösung aus und in einem gemeinsamen Schreiben wurden alle Beteiligten über die Mitgliedschaft in der angebotenen „Übergangslösung“ informiert.

Danach sollten sich alle örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und evtl. sonstige Gebietskörperschaften verpflichten, die Abschlagszahlungen auf die Personalkosten in der bisherigen Höhe an die Einrichtungsträger zu leisten, sofern sich diese an die gesetzlichen Grundlagen halten. Danach bedeutet es darüber hinaus, dass im Falle eines Abschlusses der Rahmenvereinbarung nach dem 01.07.2021 diese rückwirkend zum 01.07.2021 in Kraft tritt und die Zahlungen weiterhin als Abschläge fortgeführt, ggfls. rückberechnet und evtl. Mehrbeträge (im Vergleich zur Abschlagszahlung) erstattet werden.

Weiterhin wurden Gespräche mit den Vertretungen der Freien Träger hinsichtlich der eigentlichen Rahmenvereinbarung geführt.

Während diesen Gesprächen wurde deutlich, dass seitens des Landes - und zwar sowohl des Ministeriums des Innern und für Sport als auch des Ministeriums für Bildung – Klarstellungen zum Verständnis des Landesgesetzes über die Weiterentwicklung der Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (KiTaG) erforderlich werden. Insbesondere bezüglich der unbestimmten Begrifflichkeiten bei der Beteiligung der Träger an den „notwendigen“ und „verbleibenden“ Kosten im Rahmen einer „angemessenen Eigenleistung“ nach § 5 Abs. 2 S. 1 KiTaG und § 27 Abs. 1 S.1 KiTaG führten entsprechende Anschreiben an die Ministerien jedoch nicht zum gewünschten Erfolg.

Im Dezember 2021 hatten die Vertretungen der Freien Träger keinen Bedarf mehr für ein gemeinsames Schreiben mit den kommunalen Spitzenverbänden zur Weitergeltung der seit dem 01.07.2021 existierenden Übergangslösung mehr gesehen.

In einem Sonderrundschreiben hat der Landkreistag die Musterverträge der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau (EKHN) zu einer Rahmenvereinbarung nach § 5 Abs. 2 KiTaG vorgestellt. Danach plante die EKHN den Betrieb der kirchlichen Kindertagesstätten ohne gesamtkirchliche Finanzierungsanteile. Die Gemeinden sollen

 

a)    alle kirchlichen Gebäude per Erbpacht zunächst übernehmen und die notwendigen Sanierungen auf eigene Kosen durchführen oder bei Bedarf auf dem Erbpachtgrundstück einen Neubau errichten,

b)    alle Kosten der Gebäudeunterhaltung tragen und alle Vorgaben in Ausbau und Ausstattung der EKHN umsetzen,

c)    alle Verkehrssicherungspflichten (Versicherungs- und Brandschutzauflagen, Streu- und Kehrpflichten u.s.w.) übernehmen,

d)    nach dem Ablauf der Erbpacht alle Gebäude in einem einwandfreien Zustand (entschädigungslos) zurückgeben,

e)    100 % der Personalkosten für das gesamte Personal (Personalkosten nach der Erstattung durch das Land und den Kreis) übernehmen; der EKHN verbleiben keinerlei Eigenanteile an den Personalkosten,

f)     100 % der vom Träger festgelegten Sachkosten tragen,

g)    der evangelischen Kirche darüber hinaus auch die Verwaltungs- und Overheadkosten erstatten,

h)    im Falle der Beendigung des Vertrages im selben Verhältnis an den Abwicklungskosten, die gem. der Sicherungsordnung der EKHN entstehen, wie an den laufenden Betriebskosten, beteiligen.

 

Das Bischöfliche Generalvikariat in Trier bzw. das Erzbistum Köln führte in einem Schreiben vom 19.07.2022 bzw. 21.07.2022 aus, dass bisher von einem zeitnahen Abschluss der Rahmenvereinbarung ausgegangen wurde, sodass man bei der o. g. Übergangsregelung aus dem Schreiben zum 01.07.2021 nur für begrenzte Zeit einverstanden war. Da bislang aber keine Rahmenvereinbarung zustande gekommen wäre, könnten die Regelungen weder für die anstehende vorläufige Abrechnung der Verwendungsnachweise für das 2. Halbjahr 2021 noch für künftig Abschlagszahlungen angewendet werden. Es wurde der Vorschlag gemacht, dass für die Abrechnung der Verwendungsnachweise des zweiten Halbjahres 2021 eine „vorläufige“ Eigenleistung der kirchlichen Träger in Höhe von 5 % der anerkennungsfähigen Personalkosten angesetzt werden soll. Weiterhin wurde ausgeführt, man bräuchte um eine finanzielle Handlungsfähigkeit der kirchlichen Träger und den Bestand der Kindertageseinrichtungen vor Ort zumindest vorübergehend zu sichern, die vorläufige Abrechnung der Personalkosten durch den Verwendungsnachweis 2. Halbjahr 2021 einen Personalkostenersatz in Höhe von mindestens 95 %.

 

 

2.    Erhöhung der Pauschalwertberichtigung

 

Nach den Bestimmungen des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Hierbei gibt es keine Einkommensgrenze für den alleinerziehenden Elternteil. Der andere Elternteil wird in der Regel in Höhe des gezahlten Unterhaltsvorschusses in Anspruch genommen.

 

Seit dem 1. Juli 2017 gilt keine Höchstbezugsdauer mehr und der Unterhaltsvorschuss wurde bis zur Volljährigkeit des Kindes ausgeweitet. Nach den Regelungen des UVG erfolgen Rückgriffe beim unterhaltspflichtigen Elternteil bzw. es kommt unter bestimmten Voraussetzungen auch zu Ersatzzahlungspflichten des alleinerziehenden Elternteils oder zu Rückzahlungspflichten des Kindes.

Da mit der Anhebung der Höchstbezugsdauer der Kreis der Anspruchsberechtigten und auch die Zahl der Rückgriffe zunehmen, ist in den letzten Jahren ein merklicher Anstieg der bilanziellen Forderungen zu verzeichnen. Allerdings besteht bei den Forderungen im UVL-Bereich ein sehr hohes Ausfallrisiko.

Zum Jahresabschluss 2021 beläuft sich der Forderungsbestand auf 6.000.535 €, unter Abzug bereits erfolgter Einzelwertberichtigungen auf noch 3.752.262 €. Einzelwertberichtigungen durch Niederschlagungen erfolgen in der Regel zeitversetzt, so dass davon auszugehen ist, dass der zum Bilanzstichtag ausgewiesene Forderungsbestand in großen Teilen uneinbringlich sein wird.

 

Geht man von einem Ausfallrisiko von 70% aus, müsste der Forderungsbestand bei Produkt 3410 / Unterhaltsvorschluss in Höhe von insgesamt 6.000.535 € um 4.200.374 € wertberichtigt werden. Der „Netto-Forderungsbestand“, also nach Wertberichtigung, würde sich auf 1.800.160 € reduzieren. Da bisher lediglich in Höhe von 2.248.273 € Einzelwertberichtigungen erfolgten, wäre ein Betrag von 1.952.092 € noch über eine Erhöhung der pauschalen Wertberichtigung abzudecken. Für den sonstigen Forderungsbestand von 18.022.999 € wird weiterhin die 3%ige Pauschalwertberichtigung angesetzt, diese beläuft sich auf 540.690 €.

 

Insgesamt sollte demnach die Pauschalwertberichtigung einen Betrag von 2.492.781 € ausweisen, was einem gewichteten Prozentsatz von 11,45% entspricht. Die pauschale Wertberichtigung 2020 betrug 890.512 €, sodass sich der Zuführungsbetrag auf 1.602.270 € belaufen würde.

 

In Anlehnung an verbindliche Bilanzierungsgrundsätze (Bilanzvorsicht und Darstellung eines realistischen Bildes der Vermögens- und Finanzlage) schlägt die Verwaltung vor, im Jahresabschluss 2021 eine Anhebung der Pauschalwertberichtigung auf 11,45 % vorzunehmen, um das geschätzte Ausfallrisiko des Forderungsbestandes in der Bilanz angemessen abzubilden.

 

Die Pauschalwertberichtigung wird zunächst bis einschließlich 2025 mit 11,45% berücksichtigt. Spätestens im Jahresabschluss 2025 erfolgt eine Überprüfung des Ausfallrisikos orientiert an den Forderungen der Jahre 2022-2024 und der erfolgten Einzelwertberichtigungen. Sollten sich innerhalb des Zeitraumes bereits wesentliche Veränderungen der Forderungsbestände ergeben, wird die Anpassung der Pauschalwertberichtigung im Rahmen der Jahresabschluss-Arbeiten im jeweiligen Haushaltsjahr vollzogen. Die vorgenommene Pauschalwertberichtigung wird im Jahresabschluss erläutert. Diese Vorgehensweise wurde im Vorfeld mit dem Rechnungsprüfungsamt abgestimmt.

 

Haushaltsrechtliche Abwicklung:

Die Rückstellungsbildung bei Produkt 3650 und die Erhöhung der Pauschalwertberichtigung sind aufwandswirksame aber nicht zahlungswirksame Buchungsvorgänge. Im Teilhaushalt 12 sind aktuell bei Budget 1207 / Tageseinrichtungen für Kinder von dem Ansatz 2021 in Höhe von 44.329.650 € noch 5.302.578 € verfügbar. Der Mehraufwand in Höhe von 4.000.000 € kann im Budget 1207 gedeckt werden.

 

Die Verbuchung der Pauschalwertberichtigung führt zu einem außerplanmäßigen Aufwand wie im Übrigen auch bei einer Vielzahl von weiteren Buchungen im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten. Die Gremienzustimmung erfolgt in der Regel zusammen mit der Beschlussfassung über den Jahresabschluss. Da der Kreistag hinsichtlich der Pauschalwertberichtigung bereits mit dieser Vorlage im Vorgriff der finalen Jahresabschlussarbeiten eingebunden wird, sollte der Beschluss auch die Zustimmung für die außerplanmäßige Mittelbereitstellung beinhalten.

 

Insgesamt beläuft sich das aktuelle ordentliche Ergebnis in der Ergebnisrechnung 2021 unter Berücksichtigung der o. a. Rückstellungsbildung auf -2.532.698,73 €. Die Zuführung zur Pauschalwertberichtigung wird dieses Ergebnis noch um 1.602.270 € auf dann minus 4.134.968,73 € belasten. Die Haushaltsplanung 2021 wies ein ordentliches Ergebnis von minus 7.240.484 € aus, sodass aktuell die Verbesserung des Jahresergebnis gegenüber der Planung noch 3.105.515 € beträgt.

 

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Kreistag stimmt der Bildung einer aufwandswirksamen Rückstellung in Höhe von 4.000.000 € für die noch ungewissen Aufwendungen zur Durchführung der Abrechnungen der Kita-Personalkosten für 2021 zu.

2.    Der Kreistag stimmt der Erhöhung der Pauschalwertberichtigung im Jahresabschluss 2021 und für die Folgejahre auf 11,45% zu. Dem außerplanmäßigen Aufwand gem. § 57 LKO i.V.m. § 100 Abs. GemO wird zugestimmt.